|Frankfurt, 11. Dezember.
Mein lieber Freund,
Vielen Dank für Deine intere
ssanten Mittheilungen! Daß
Bahr gegen Dein
Stück
intriguirt, i
st
ein Zug, der ganz zum Charakterbilde die
ses
Burschen paßt. Wenn
Schlenther Dich auf die Aufführung Deiner
zwei
Einakter
warten läßt,
so rächt er
sich, nach Art gemeiner Naturen, für die Demüthigung, die er im
Streit mit Dir über den »
Kakadu« erlitten.
Im Falle
Wassermann, in welchem, wie Du
sag
st, die »
Frankfurter Zeitung« durchaus im Unrecht i
st, i
st
die »
Frankfurter Zeitung« durchaus im Recht.
D’Albert’s Compo
sitionen
sind
mittelmäßige Lei
stungen. Das wi
ssen wir hier und das hat
ebens Niemand be
stritten.
Frankensteins Compo
sitionen
sind
|ebenfalls mittelmäßige Lei
stungen, die
sich
vielleicht auf dem
selben Niveau, eher
sogar ein wenig tiefer halten. Es geht aber
ab
solut nicht an, in der
selben Kritik
d’Albert ganz zu verwerfen,
Frankenstein hingegen ihm gegenüber zu loben, mag das Lob noch
so einge
schränkt
sein.
Namentlich in die
ser Zu
sammen
stellung liegt die Fäl
schung des Urtheils. Und wenn
die
se Kritik noch dazu von einem
Mitarbeiter einge
sandt wird, der
seine Berichter
stattung bisher
stets in
einer ans Gewi
ssenlo
se grenzenden Wei
se vernachlä
ssigt hat, – wenn der
selbe
Berichterstatter, der die
Aufführungen der
Duse mit vier
Zeil Zeilen
abthut, dem
Frankenstein-Conzert,
über de
ssen Bedeutungslo
sigkeit in der
Wiener Conzertfluth klar genug i
st, einen
|ganzen Bericht
wid widmet,
so liegt ohne jeden Zweifel das Be
streben einer per
sönlichen
Dien
stlei
stung vor, und keine an
ständige Zeitung wird es
sich von einem Herrn
Wassermann gefallen la
ssen, daß er, der
son
st
so
säumig in
seinen dien
stlichen
Obliegenheiten
sich zeigt, gleich mit der Feder bei der Hand i
st, wenn es gilt, einem
Bekannten eine Reklame zu
machen.
An
Schwartzkopf werde ich keinen liebenswürdigen Brief
schreiben. Ich
schätze und verehre ihn,
wie Du weißt. Aber
Hirschfeld steht mir näher und i
st auch ohne jeden Zweifel in
seiner ganzen Art
geeigneter, die Berichter
stattung für die »
Frankfurter
Zeitung« zu übernehmen, obwohl
Schwarzkopf sicherlich
seine Sache auch
sehr gut machen würde. Immerhin
|habe ich für
Schwarzkopf gewirkt, weil ich meinte, damit etwas Dir zu Liebe zu thun. Im Augenblick wo Du das ablehn
st, verliert die Angelegenheit alles
Intere
sse für mich, und ich werde mich fortan jeder Einwirkung enthalten.
Viele treue Grüße!
Dein
Paul Goldmann.