Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 26. 10. 1899

|Frankfurter Zeitung Frankfurt a. M., 26. Oktober 1899.
und
Handelsblatt.
Telegramm-Adresse:

Mein lieber Freund,

Mit der »Neuen Freien Presse« ist es also auch diesmal nichts. Nachdem die Herausgeber mich so furchtbar gedrängt, telegraphirte ich sofort nach meinem Eintreffen in Frankfurt, ich sei bereit, am 1. Jänner in Berlin anzutreten. Zugleich setzte ich brieflich meine materiellen Bedingungen auseinander. Gestern erhielt ich nun ein Telegramm der Herausgeber der N. Fr. Pr., worin sie mir mittheilten, daß sie meine materiellen Bedingungen wohl acceptiren würden, daß aber die Nachrichten inbezug auf Frischauers Rückkehr nach Paris jetzt wieder sehr ungünstig lauteten. Zugleich wurde mir vorgeschlagen, für die N. Fr. Pr. |nach Paris zu gehen. Diesen Vorschlag habe ich selbstverständlich abgelehnt, und so bleibt’s beim Alten. Glücklicher Weise bin ich vorsichtig genug gewesen, hier meine Beziehungen noch nicht abzubrechen. Sonst wäre ich jetzt ohne Stellung. Hoffentlich erfährt man auch in Frankfurt nichts von den geführten Verhandlungen, und ich bitte Dich, die ganze Angelegenheit diskret zu behandeln. Aber was sagst Du zu diesen Zeitungs-Paschahs, die Einen über Hals und Kopf in eine Stellung hineinhetzen und erst hinterher merken, daß die Stellung noch gar nicht frei ist?
Ich sende Dir anbei Dein Burgtheater-Referat. Selbst ich habe nicht alle Worte der Handschrift entziffern können, und mein |Onkel hat sich leider für verpflichtet gehalten, zwei Stellen, für die er nicht die Verantwortung übernehmen wollte, herauszustreichen. Ich konnte da nichts hindern. In redaktionellen Angelegenheiten ist mein Onkel unumschränkter Gebieter.
Gegen Wassermann ist die Stimmmung in der Redaktion  schlechter als je, und ich bin überzeugt, daß er bei der nächsten Gelegenheit hinausfliegt.

Wie Du aus dem nachfolgenden kl. Referat ersiehst, sind Deine drei Einakter am Darmstädter Hoftheater gespielt worden.
Bitte, schreib’ mir bald, wie es Dir geht (Stimmung und Gesundheit).
Viele treue Grüße!
Dein
 Paul Goldmann.

|– Man berichtet uns aus Darmstadt v. 25. ds.: Zu Ehren des Dichter-Komponisten Peter Cornelius veranstaltete am Montag der Richard Wagner-Verein einen Concertabend, an welchem, mit einer Ausnahme, lediglich Kompositionen von Cornelius zum Vortrag gelangten. Die Chöre stellte der Mozart-Verein, als Solisten traten auf Frl. Zinkeisen aus Frankfurt a. M., Frau SenffDarmstadt und Herr JoachimDarmstadt. Das zahlreich erschienene Publikum dankte sehr lebhaft für das Gebotene. Im Hoftheater kamen gestern Abend Schnitzler’s Einakter »Paracelsus«, »Die Gefährtin« und »Der grüne Kakadu« zur ersten Aufführung. Die Aufnahme war eine recht freundliche, wennschon »Der grüne Kakadu« einigen Widerspruch erregte. Gespielt wurde namentlich von Herrn Hacker (Paracelsus, Pilgram und Cardignan) und Herrn Löhr (Hausmann und Henri) recht gut. Herr Conradi konnte als Strolch Grain einen starken Heiterkeitserfolg verzeichnen. Schillers Geburtstag wird hier durch Aufführungen der »Wallenstein«-Trilogie und der »Jungfrau von Orleans« gefeiert werden. –
  1. 1 Für die Redaktion bestimmte Briefe und Sendungen wolle man nicht an die Person eines Redakteurs, sondern stets an die Redaktion der Frankfurter Zeitung adressiren.
Bildrechte © Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar