Fondateur M. L. Sonnemann.
Journal politique,
financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour.
Mein lieber Freund,
Ich war 14 Tage in
Frankfurt, habe geruht und
neue Kräfte zu gewinnen ge
strebt. Nöthig wars. Zur Feier meiner Rückkunft fand eine
fe
stliche
Ministerkri
sis
statt. Ich
stecke bis über die
Ohren in Arbeit, und
so komme ich er
st heut dazu, Dir
für Deinen
so überaus lieben Brief zu danken, den ich noch in
Frankfurt empfing. Als ich in
Frankfurt war, wurde gerade dein
Stück in
Köln aufgeführt,
und in der
|Frankf. Zeit. er
schien eine kleine
Besprechung, die ich hier
einfüge, da Du
sie vielleicht über
sehen ha
st.
Man schreibt uns aus Köln, 11. April: Schnitzler’s Schauspiel »Liebelei« ging gestern zum ersten Mal in Szene und erzielte einen sehr starken Erfolg. Die Mitwirkenden wurden nach dem letzten Akt fünfmal gerufen. Die Darstellung war
im Ganzen recht befriedigend. Die Christine wußte Frau Doré in ergreifender Weise zu gestalten. In der Mizi des Frl. Glümer und in dem Theodor
des Hrn. Leyrer fand die Wiener Leichtlebigkeit ihre
angemessene Vertretung. Fein und discret gab Herr Beck den alten Musiker;
auch der Fritz des Hrn. Monnard war nicht ohne tiefere Wirkung. – auch lege ich einen Brief des Herrn
Christian Schefer bei, den ich noch in
Frankfurt erhielt.
Schicke ihm ein Exemplar von »
Mourir«, eben
so eines an
Lalo, ein drittes an
M. de
Wyzewa, 9. Rue Coëtlogon. Auch
schicke mir noch zwei oder
|drei
Büche↓Exemplare↓ zur Propaganda. Das
Buch i
st
sehr gut ausge
stattet und
sieht recht vornehm aus. Ferner
sende ich
Dir die Briefe des Herrn
de Riaz zurück. Laß’ die
Übersetzungs-Angelegenheit noch ruhn und antworte auf
schiebend. Endlich finde ich noch in meinen
Papieren die
Kritik des Baron
Berger, die ich Dir gleichfalls zurück
sende.
Zu erzählen habe ich Dir nichts. Mein Leben i
st voll
ständig unintere
ssant. Es gibt
nichts Neues und wird nie etwas Neues geben,
|außer
irgend einem definitiven Unglück. Intere
ssant i
st nur Dein Leben, und ich möchte
sehr
viel darüber wi
ssen. Ha
st Du al
so zum
dritten Mal ange
sangen, das
Stück zu
schreiben? Könnte man nicht doch das
Manuscript sehen? Wir
st Du in
die »
Zeit« eintreten, jetzt nach
Kanners Rückkehr? Und wie i
st
son
st
Da
seinsführung und Stimmung?
Recht geärgert habe ich mich, als ich Deinen
|Namen im »
Simplicissimus«
fand. Die
ser Lausbub’
Langen, der mir i
m↓n↓ Paris, wenn ich ihn dazu drängte, Deine Bücher in Verlag zu nehmen,
stets antwortete:
Du könnte
st nicht deut
sch
schreiben, – i
st jetzt in der Lage,
sein neues
Unternehmen mit Deinem
jungen
Rénommée aufzuputzen. Das hat er wahrlich nicht
verdient. Warum ha
st
|Du ihm den
Beitrag gegeben
? Ich bekam in
Deutschland durch Zufall
das
Heft der »
Zukunft« in die Hand, das
Hardens Kritik über »
Liebelei« enthält. Das i
st doch eine recht unver
ständige
Kritik, die Dich völlig unter
schätzt. Bi
st Du
trotzdem bei Deiner großen Meinung über
Harden geblieben?
Aber ich will nicht fragen, und Du sollst den Ih
Inhalt des nächsten Briefes nach |freier Wahl zusammenthun. Schreib’ mir nur recht viel über Dich.
Und wie gehts dem
Richard? Er bringts wirklich fertig, mir keine Zeile zu
schreiben. Erwartet hab’ ichs,
aber es er
staunt mich doch. Es i
st immerhin der
schön
ste Fall von Faulheit, der mir
in meinem Leben vorgekommen i
st.
Gern ginge ich mit früh im August
|nach
Dänemark, w
enn ich Geld hätte, w
as noch zweifelhaft i
st. Ich würde dann über
Berlin
zurückrei
sen, wo mich meine
Mutter und mein
Onkel erwarten.
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Freund, und schreib’ mir bald!
Dein treuer
Paul Goldmann