Verzeih mir, daß ich so lange nicht
geschrieben habe. Ich
lebe seit meiner Rückkehr in
fortwährend wechselnden Stimmungen, in vielen Sorgen und Widrigkeiten. Eine große
Müdigkeit hielt mich vom Schreiben zurück. Im Grunde ist bleibt doch immer Alles beim Alten. Wozu also schreiben?
Deine lieben Nachrichten haben mir
sehr gefehlt. Warum ha
st
Du mir denn nicht ge
schrieben? Sind wir denn
so formell geworden, daß
Einer auf des Andern Brief wartet, um ihm Nachricht von
sich zu geben? Ge
stern
|habe ich endlich durch
Liesl, die ich bei den »
Bösen Buben«
sprach, etwas Näheres über Dich
erfahren. Ich habe zu meiner großen Freude gehört, daß es Dir, Deiner
Frau und dem
Kinde gut geht. Und nicht minder freue ich
mich über die Aus
sicht, Dich bald in
Berlin zu
sehen. Zu Deinen Erfolgen in der letzten Zeit
(
Schilltertheater,
Paris,
Bahrs Vorlesung)
beglückwün
sche ich Dich herzlich
st, und ich hoffe, daß das neue
Stück die
se »
schöne« Reihe mit Glanz
fort
setzen wird. Den
Artikel von
Nordau schickte ich Dir, weil ich es bemerkenswerth fand, daß
die
ser
|Mensch, der Alles verreißt,
so freundlich über Dich
sprach.
Für Fräulein
Dora Popper habe ich
leider nicht viel thun können. Was mir möglich war, habe ich gethan.
Gourgauds Gespräche mit Napoleon, die ich Dir verdanke (ich werde Dir das
Buch in
Berlin zurückgeben) haben mir viel Genuß bereitet. Ein herrliches Buch
i↓s↓ind
Krapotkins Memoiren,
di (im
selben
Verlage
er
schienen),
die deren Lektüre ich Dir dringend
empfehle.
Mit
Frankfurt bin ich in reger Corre
spondenz. Hier und da fährt ein Sturm
dazwi
schen. Ich weiß nicht, was werden
soll. Ich mag mich an die
se
Frau nicht durch Heirath binden, weil das
mein
Rui wirth
schaftlicher
|Ruin wäre und weil auch,
infolge der
Affaire in
die
sem Winter, viel Schmutz an
ihr haftet; ander
seits kann ich nicht einmal
den Gedanken ertragen, auf
sie zu verzichten.
Grüße Deine
Frau
vielmals,
schreib mir bald und
sei
selb
st herzlich
st gegrüßt von Deinem getreuen
Paul Goldmann.