Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 26. 4. [1901]

Berlin, 26. April.

Mein lieber Freund,

Dank für den lieben Brief! Dank auch für den »Schleier der Beatrice« und »Bertha Garlan«, die ich in schön gebundenen Exemplaren erhielt! Dank endlich für Deine Bemühungen bei Bahr in Sachen des Stückes »Gewitter«!
Ich freue mich, daß Du wieder glücklich daheim bist. Auch die andere Nachricht ist eine erfreuliche. Eine Frau und ein Kind, – das ist wohl die Erklärung für das, was die Natur mit uns vorhat; und demjenigen, der danach handelt, spendet sie Glücksgefühle, wie immer, wenn man ihre geheimen Absichten erräth. Das ist der Weg zum Glück: die geheimen Absichten der Natur errathen. Ich wünsche Dir einen Sohn.
|Daß man mit seiner Geliebten nach Italien gehen muß, isselbstverständlich. Ich möchte wissen, was Italien sonst für einen Sinn hat, als den: eine Umgebung für eine Liebe zu sein. Darum beneide ich Dich nicht um Deine Romfahrt. Wohl aber beneide ich Dich um Deine Sehnsucht nach Olga. Ich darf mich nach Keiner sehnen.
Der Artikel von Brandes über Dich war recht schleuderhaft geschrieben. Brandes war dieser Tage in Berlin – in merkwürdiger Stimmung: gezwungen heiter, manchmal verstört. Plötzlich ist er abgereist. Ich habe ihn sehr gern. Er hat etwas so Feines und Gütiges.
Sommerpläne? Wie Du willst. Mir |ist Alles eins. Ich fahre weg oder bleibe auch zu Hause. Bin auf dem Tiefpunkt aller menschlichen Verfassung angelangt. . . . 
Grüße an die Grünethorgasse, Grüße an Dich!
Von Herzen
Dein
 Paul Goldmnn
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