Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 13. 5. [1901]

Berlin, 13. Mai.

Mein lieber Freund,

Es thut mir unendlich leid, daß es so gekommen ist. Da kann man sich zum Trost immer nur sagen: Wer weiß, wozu es gut war? Jedenfalls sind auch manche Sorgen dadurch beseitigt. Und wenn wirklich Anämie daran Schuld war, so ist es vielleicht besser, wenn die Mutter erst einmal ordentlich gekräftigt wird, um |auch ein kräftiges Kind zur Welt zu bringen. Oder ist das ein naturwissenschaftlicher Unsinn? Schsade, schade! Ihr scheint Euch Beide sehr darauf gefreut zu haben. Hoffen wir also auf das nächste Mal!
Wenn die Sommerpläne gar sschwankend sind, so ist es vielleicht am Besten, daß ich Hirschfelds Einladung annehme, zu ihm an den Wörther See |zu kommen. Oder ich gehe nach Velden  oder Pörtschach. Ihr kommt dann hin, sobald Ihr könnt. Ich wiederhole nochmals: ich will diesmal ruhig sitzen und nicht herumreisen. Möchte auch in diesen paar Wochen in einer Wiener Sommerfrische ein Bischen Wiener Leben mitmachen. Ist Deine Frau Mutter im August am Wörthersee?
Ich muß mich jetzt wieder namenlos |mit der N. Fr. Pr. herumkränken. Dem Herrn Nachtredakteur (Kohler) bin ich antipathisch. Infolgedessen verschwinden alle meine Berliner Theatertelegramme spurlos. Wenn ich mich beschwere, heißt es: Raummangel, und dann wird ruhig weiter weggeworfen, was ich schicke. Hätte ich eine andere Stellung, ich würde meine Demission geben . . .
Bitte, Fräulein Olga recht herzlich zu grüßen, und sei auch Du vielmals gegrüßt von
Deinem treuen
Paul Goldmnn.
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