Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 6. 4. [1901]

Berlin, 6. April.

Mein lieber Freund,

Also Du bist jetzt in Rom, und es ist gewiß sehr herrlich.
Daß Antoine die »Gefährtin« aufführt, hast Du wohl gelesen.
Die kleine Dora Speyer sprach mit mir über ihre Liebe zu Dir. Ich sagte ihr, Du würdest wohl kaum heirathen, wenigstens jetzt nicht so bald, und sie solle mit der |Geschichte fertigzuwerden suchen. Das war wohl auch in Deinem Sinne? Hier hat sich ein Cousin, ein Dr. Michaelis, wohlhabender Chemiker, in die Kleine verliebt. Sie findet ihn auch sympathisch. Ich denke, die Consequenzen werden gezogen werden.
Frau Frida Strindberg hat thatsächlich ein Verhältniß mit dem jungen Dr. Evers und wird wohl deswegen in Berlin bleiben.
Der Direktor Martin von der |Secessionsbühne, den wir Beide für einen so braven Menschen hielten, scheint ein Lump zu sein. Christians erzählte mir einige Schweinereien, die er gemacht, und sprach von ihm in Ausdrücken, von denen »Zuchthäusler« noch der gelindeste war.
Wolzogen bekommt nächste Saison ein eigenes Theater. Geldgeber ist der Prof. Stein aus Bern, jener seichte philosophische Schwätzer, den Du wohl in |der N. Fr. Pr. häufig – nicht gelesen hast. Ich bin gegenwärtig sehr bemüht, das Engagement von Frl. Liesl durchzusetzen, weiß aber nicht, ob es mir gelingen wird.
Kerr geht Dienstag nach Paris, auf einige Monate. Er möchte riesig gern im Sommer mit uns sein. Das wird sich ja wohl machen lassen.
Glückliche Ostern! Viele treue Grüße!
Dein
Paul Goldmann.
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