Fondateur M. L. Sonnemann.
Journal politique,
financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour.
Mein lieber Freund,
Morgen, Dienstag, fahre ich heim (»heim« ist gut!), und Dein lieber Brief ist das letzte Angenehme,
das mir hier widerfährt.
Ich freue mich, daß Du glücklich wieder in
Wien
bi
st und dort Alles beim Rechten gefunden ha
st.
Burckhardts Begei
sterung für
Dein
Stück i
st ein weiteres
gutes
omen. Daß das
Werk den Theaterleuten
so gefällt, i
st das
stärk
ste Zeugniß
für die Theater-Wirkung, die man
|davon erwarten
kann. Warum
B. sämmtliche
noch überlebenden Per
sonen des
Stückes
von d×× umbringen will, i
st mir nicht recht begreiflich. Die
se Abänderungs-Vor
schläge
sind
sehr komi
sch. Da wüßte ich viel be
ssere:
Anna soll den Ka
ssierer
Kohn heirathen und
Vogel soll in dem Theater-Director
seinen verloren geglaubten Vater wiederfinden. . . . .
Die Äußerung des allerhöch
sten
Herrn über »
Liebelei« i
st
kö
stlich. Ich hoffe, Seine
Majestät ver
steht vom Regieren mehr, wie von der Kun
st,
|son
st müßte man mit großer Be
sorgniß in die Zukunft
Österreichs blicken.
Mitterwurzer i
st
so der rechte
Sau-Komödiant.
Schreib’
ihn ihm einmal eine Rolle, in der er Erfolg
hat, und er wird Dich als das er
ste Genie der Welt aus
schreien.
Von
Richard weiß ich Dir wenig zu
sagen. Er muß
schon in
Baden sein.
Während der letzten Tage
seines Hier
seins war er nervös und erging
sich in
unangenehmen Betrachtungen über die »guten Men
schen«.
Paula hat er
|fortge
schickt;
sie wollte natürlich
zum Schluß durchaus noch dableiben, weil
sie bei
Hagenbeck so
schöne Affen und Raubthiere ge
sehen hatte.
Was mich anlangt,
so
sind mir die Tage in
Berlin
recht angenehm verflo
ssen. Der lieb
ste unter den Men
schen, die ich hier kennen
gelernt, i
st mir Dr.
Bie. Er i
st ehrlich und gut. Wir ver
stehen uns und haben uns wohl auch gern.
Kerr mag ich weniger. Ich wittere in ihm
|den
froid ambitieux.
Mit
Brahm,
Rittner und
Richard verbrachte ich einen Abend.
Rittner gefiel auch mir ausnehmend.
Brahm forderte mich auf, ihm noch einmal Rendezvous für einen Abend zu geben. Ich
hab’ es aber nicht gethan; ich glaub’ nicht, daß ihm irgend etwas an mir liegt.
Fischer hat
sofort
× in mir einen ausnutzbaren Mann ge
sehen, hat
mich sich von mir einige Stunden über
Paris erzählen
|la
ssen, hat mich auch zum Abende
ssen
geladen.
Das Die Herausgabe der Humori
sten hat er
natürlich abgelehnt. Hingegen wird
seine
Frau wohl einen oder den anderen von die
sen Leuten jetzt
über
setzen, angeregt durch die Lectüre meiner Feuilletons! Das mindert nicht den
Freund
schaftsdien
st, den Du mir ha
st lei
sten wollen, und ich danke Dir von ganzem
Herzen dafür. Die Zeichnung von
Forain |konnte ich ihm nicht zeigen. Ich habe
sie dem
Richard für Dich mitgegeben; der
selbe hat auch Deinen
Altenberg. Sag’ ihm, bitte, daß ich ihm den
Gregorovius sofort nach
meiner Ankunft in
Paris schicken werde. Ich habe
die den Brief mit
seiner
Badener Adre
sse verloren, und auch
seine
Wiener Adre
sse finde ich er
st in
Paris.
Son
st hat mir
Berlin be
sser gefallen, als ich erwartet. Aber lieb
|gewinnen könnte ich die
Stadt
wohl nicht. Im Großen und Ganzen macht
sie den Eindruck
, einer ra
sch und billig herge
stellten Groß
stadt. Aber überall fehlt Cultur und
Schönheit. Immerhin i
st Vieles impo
sant; und die Leute
sitzen da und hören Einem
zu, oh sogar zu, als ahnten
sie, daß es noch etwas
jen
seits ihres Horizontes gibt – was mich überra
scht hat. Freilich das
sind
|doch wohl flüchtige und vielleicht fal
sche
Eindrücke.
Meine arme
Mama i
st ge
stern unter vielen Thränen nach
Frankfurt gefahren. Was daraus werden
soll, weiß ich nicht.
Ein
stweilen muß ich meine Monatsrate erhöhen. Ich kanns natürlich nicht, aber ich muß es.
Mir grau
st vor
Paris – das heißt vor der Arbeit, die
ich mich
|dort erwartet, und auch an die
ser Arbeit i
st nur
schrecklich, daß
sie
so ganz vergeblich i
st. Ich
sehe es
×× klarer wie je: Alles, was ich dort arbeite, kommt nur meinem
Chef zu gute, nicht mir. All’ die
se
Rie
sen-An
strengung da drüben zählt nicht, und ich müßte
eig noch nach dem ermüdenden Arbeitstage Zeit und Kraft finden, um das
Eigentliche zu arbeiten, das er
st zählen würde. Unter
|die
sen Um
ständen muß man müde und muthlos
werden.
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Arthur, und hab’ Dank für Deine Treue und Freund
schaft
und für die
schönen Tage von
Skodsborg (nicht wahr,
sie waren
schön?)
Empfiehl’ mich Deiner Frau
Mutter, deinem
Bruder, deiner
Schwägerin, Deiner
Schwester und
|Deinem
Schwager.
Empfiehl’ mich auch der unbekannten
Dame,
die mir den
Altenberg über
sandt hat.
In Treue
Dein
Paul Goldmann
Schreib’ mir bald nach
Paris.
Wann geh
st Du nach
Berlin?