Fondateur M. L. Sonnemann.
Journal politique,
financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour.
Bureau à Paris Paris, 14. Juli.
Mein lieber Freund,
Da Du mir
schreib
st, daß
Norwegen wirklich
exi
stirt, muß ichs wohl glauben und
schreibe Dir nach
Christiania, welches
sich hoffentlich an Ort und Stelle auch
wirklich als die
Hauptstadt
die
ses unwahr
scheinlichen
Landes erwei
st.
Ich danke Dir für Deine lieben Nachrichten. Deine Karten athmen frohe Reisestimmung,
und ich freue mich dessen.
|Nur möchte ich auch einmal etwas Genaueres über
un
ser Zu
sammentreffen wi
ssen. Werden wir uns
so zwi
schen er
stem und
fünftem Augu
st in
Kopenhagen treffen? Ich weiß zwar noch immer nicht, wann und ob ich von hier
fortkomme (Geld, Geld, Geld!), – auch kann es in die
sem
Lande während vierzehn Tagen
stets
sp×××iren pa
ssiren, daß Herr
Felix Faure den Sonnen
stich bekommt oder der
Herzog von Orleans den Thron von
Frankreich |be
steigt – aber immerhin, wenn ich doch nach
Dänemark käme, wäre es doch vielleicht nicht
übel,
fals falls wir uns dort treffen könnten, und zu die
sem Zweck müßte ich zunäch
st
einmal wi
ssen, wo
Ihr seid,
was Ihr mir bisher mit anerkennenswerther Beharrlichkeit ver
schwiegen habt.
Kürzlich wollte ich noch
Thorel – der gegenwärtig bei
Pierre Loti an der
spanischen
Grenze i
st – zu
Antoine schicken. Aber er meinte, mit
Antoine sei fürs Er
ste
|nichts zu machen, der
selbe
sei
verrückter als je, habe keine Ahnung, was er wolle, und nehme als deut
sche Stücke
zunäch
st nur
Wallenstein und
Don Carlos in Aus
sicht. Wenn man ihm glauben machen könnte, daß die »
Liebelei« von
Schiller wäre,
so wäre die Sache
sofort erledigt; aber das wird
schwer halten. Kurzum,
wir mü
ssen bis zur »
rentrée« warten, und
Thorel möchte inzwi
schen die
Übersetzung anfertigen (Preis 5-600
Francs, – du
ver
steh
st?).
|Wir reden darüber bald mündlich,
so
Gott will.
Sonst Vielen Dank für
Altenberg! Ich habe die er
sten
Seiten gele
sen und weiß noch nicht recht, wo und wie? Manchmal
mei meint man, es
sei ein Dichter, manchmal meint man, es
sei
Hermann Bahr. Aber jedenfalls le
se ich das
Buch zu Ende.
Auf Deiner Karte fand ich ein
roth ange
strichenes
|Schiff, über dem ein
e blaues Ge
stirn
schwebt, das in erklärender Unter
schrift den Be
schauer als
»
soleil de minuit«
vorge
stellt wird. Das Schiff i
st vor
dem der Mitternachts
sonne vorgefahren, wie ein Hotel-Omnibus vor der Hausthür des
Ga
sthofes. Nicht genug damit,
steht auch noch das
Nordcap dabei. Herrgott, bi
st Du ein
Protz! . . . .
Blonde Kinder mit Märchenhaar! Das weckt |in meinem
Herzen die Sehnsucht auf. Nur einmal solch’ ein Mädchen in die Arme schließen und
hören, daß sie mich liebt! Einmal nur, – rasch noch in der letzten Viertelsunde
dieser so ganz verlorenen Jugend! . . . .
Grüß’ Dich Gott, mein theurer Freund, und reise froh und glücklich!
Dein treuer
Paul Goldmnn