Paul Goldmann an Olga und Elisabeth Gussmann, 28. 12. [1900?]

Frankfurt, 28. December. |Reuterweg 59.

Liebes Fräulein Olga,

Ihr neues Briefpapier, das Herr Paul Ihnen geschenkt hat, issehr schön, und über Ihren Erfolg habe ich mich sehr gefreut. Ich habe es nicht anders erwartet, und ich meine, Sie sind auf dem Wege, etwas Großes zu werden. Lassen Sie sich von Herzen beglückwünschen! Die große Dummheit, die gewisse Leute gemacht haben, die ich näher kenne, – die Dummheit nämlich, dem Ehrgeiz allzusehr nachzugeben und über dem Streben das Leben zu vergessen – werden Sie ja wohl vermeiden. Und so ist Alles gut. Ich bin zu Weihnachten in Frankfurt bei Schwester, Schwager |und Onkel. Hatte Allerlei von diesem Aufenthalt gehofft. Aber vergebens. Traurig, wie ich gegangen, komme ich nach Berlin zurück. Schreiben Sie mir bald wieder!
Herzlichst
Ihr
 Dr. Paul Goldmann.
Bitte, grüßen Sie den Dr. Schnitzler!

|Liebes Fräulein Liesl,

Einen Brief, den Sie mir schreiben, brauchen Sie Ihrer Schwester nicht zur Kritik vorzulegen. Das wäre noch schöner! Schwestern verstehen nichts von Briefen!
Der »Rosenmontag« ist ein blödsinniges Stück. Altenberg sollen Sie nicht lesen, Maupassant so viel als möglich (obwohl Sie eigentlich noch zu jung dazu sind).
Meine Mutter ist die Güte und Selbstaufopferung in Person. Gerade das, was Sie brauchten. Ich aber bin wenig dankbar dafür und sehne mich nach etwas ganz, ganz Anderem, als nach einer Mutter.
Nach Wien werde ich lange nicht kommen. Wozu auch das ewige Herumreisen? |Man fährt und fährt und kommt doch nicht weiter.
Ihr Brief war sehr lieb. Ich bitte um einen andern.
Grüß’ Sie Gott!
Ihr
 Dr. Paul Goldmann.
Bitte, grüßen Sie den Dr. Schnitzler!
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