Ich danke Dir für Deine eingehende Erörterung meines
Feuilletons, finde aber, daß
ich ab
solut Recht habe und würde
selb
st jetzt, wo ich weiß, daß Dir gewi
sse
Bemerkungen unangebracht
er
scheinen, die
se
Bemerkungen
nochmals mit ruhigem Gewi
ssen nieder
schreiben. Ich habe die
Kritik im hellen Zorn verfaßt, im Zorn
nicht nur gegen die Kritiklo
sigkeit der
Hauptmann-Anhänger (unter denen
sich un
ser Freund
Kerr be
sonders hevorgethan hat)
sondern namentlich gegen den
Autor, der durch
seine theils
urtheilsunfähige und unkün
stleri
sche, theils auch verlogene Anhänger
schaft
|zum größten der modernen deut
schen Dichter
ausgerufen worden i
st, der die
se Rolle als ihm gebührend wider
spruchslos acceptirt
hat und der nun Stück auf Stück
schreibt,
in de (
Versunkene Glocke,
Fuhrmann Henschel,
Schluck
und Jau,
Michael Kramer), in dem er
seine Mittelmäßigkeit,
seine Flachheit immer deutlicher enthüllt. Der Mangel an
innerem Werth i
st nirgends noch
so klar hevorgetreten, als im »
Michael Kramer«. Ein Dichter darf ein Werk verfehlen, wenn er
es als Dichter verfehlt. Es kann auch im verunglückten Werk
et etwas von Per
sönlichkeit
stecken, das zum Re
spekt zwingt.
|Wenn aber ein Werk deutlich zeigt, daß jede
Per
sönlichkeit fehlt, – wenn es zeigt, daß keine Weltan
schauung vorhanden i
st und daß
der Ver
such, eine
solche auszudrücken, zu
prä prätentiö
sem Ge
schwätz führt, – wenn Alles hohl, albern und unfähig i
st, dann
kann der Kritiker
seine Ausdrücke nicht erbarmungslos genug
feh wählen. Das i
st nicht ein Irren eines Dichters, dem Großes gelungen
i
st, das i
st das Zutagetreten einer Mediokrität, der Zeit
stimmung und allerlei andere
Chancen die Möglichkeit gegeben haben, hier und da etwas Hüb
sches zu
schreiben und
sich daraufhin als Dichter aufzu
spielen. Die »
Weber«
|sind ein
schönes
Stück (aber vielmehr
wä waren es
seinerzeit;
ob
s ob
sie es heut noch
sind, müßte man er
st
rech sehen); »
Hannele«
ist kenne ich nicht auf der Bühne; der »
Bibelpelz« i
st ein hüb
scher Entwurf zu einem Lu
st
spiel, den auszuführen die Kunft
gemangelt hat.
Hauptmanns Stern i
st im Sinken. Ich
freue mich de
ssen, weil dadurch eine der literari
schen Lügen un
serer Zeit zu Grunde
geht, und werde es bei näch
ster Gelegenheit wieder
schreiben.
Viele treue Grüße und nochmals
von Herzen alles Glück zum
neuen Jahr!
Dein
Paul Goldmann
Von über Übermorgen fahre ich wieder nach
Berlin.