Paul Goldmann an Arthur Schnitzler und Olga Gussmann, 7. 7. [1901]

Berlin, 7. Juli.

Mein lieber Freund,

Endlich zieht Vernunft in Eure Reisepläne ein, und ich freue mich sehr darüber und über die Aussicht, Euch doch zu sehen. Ich gehe so zwischen dem 20. u. 25. von hier fort, bleibe einen oder zwei Tage in Dresden und Wien, gehe dann meinetwegen nach dem Wörthersee und komme von da aus sehr gern zu Euch. St. Ulrich im |Grödener Thal würde mir besonders gefallen. Denn seit Jahren wünsche ich, das Grödener Thal kennen zu lernen. Bitte, halt’ also dieses Projekt fest. Vielleicht können wir dann auch von dort aus ein paar Tage in die Berge steigen.
Ich höre, daß die »Zeit« von 1. Oktober ab Tagesblatt wird mit 1 Million Kronen Capital. Weißt Du etwas davon? Kommt es dazu, so bedeutet |das, nach meiner Überzeugung, den Anfang vom Ende der N. Fr. Pr. So setzt auch Dr. Kanner seinen Lebensplan durch. Nur ich, – ich allein bleibe auf der Strecke. Es ist martervoll!
Viele treue Grüße!
Dein
 Paul Goldmann.

Liebes Fräulein Olga, Ich danke Ihnen für Ihren lieben und guten Brief. Jetzt, bitte, setzen Sie noch durch, daß wir ins Grödener Thal |gehen. Ich möchte sehr gern dorthin, was für Arthur immerhin einen ausreichenden Grund bilden könnte, sich für einen anderen Ort zu entschließen. Auch ich möchte, gleich Ihnen, stillsitzen und Ruhe, Ruhe haben. Über Kerr sprechen wir mündlich. Er wird übrigens nur nachkommen und nicht mitkommen können. Ihrem lieben Schwesterchen wünsche ich gute Besserung. Haben Sie keine Sorgen! Wenn sie Arthurs Behandlung bisher ausgehalten hat, wird sie auch davonkommen. Sie ist eine widerstandsfähige Natur.
Herzlichst Ihr
 Dr. Paul Goldmann.
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