Hier erhielt ich Deine lieben Briefe vom 28. Juni u.
vom 10. Juli. Ich hoffe, daß Deine Reise Dir Erfrischung und Abziehung von Deinen trüben, Deinen so unnöthig trüben
Gedanken gebracht hat. Wie gern wäre ich mt mitgekommen, wie alljährlich! Hoffentlich können wir nächstes Jahr wieder zusammen sein.
Mit wahrer Freude habe ich aus Deinen lieben Briefen ge
sehen, wie reich das
literari
sche Erträgniß die
ses Jahres für Dich
sein wird.
Wenn Dich Deine Hypochondrie
|so arbeit
sam macht,
so
will ich mich recht gern mit ihr
abfinden abfinden. Die
ser Brief erreicht Dich
wahr
scheinlich
schon nach der
Première in
Berlin, und ich bin überzeugt, daß Du
×××× ×××××××× einen neuen
schönen Erfolg erringen wir
st, zu dem ich Dich im Voraus von
ganzem Herzen beglückwün
sche. Der Titel des
Stückes i
st vielver
sprechend. Aber was
steht darin?
Sob Sobald Du nur irgend kann
st,
sende
st Du mir ein
Exemplar, nicht wahr? Deine
Idee, ein
Renaissance-Stück zu
|schreiben, gefällt mir weniger. Mir
kommt
vor,↓vor,↓ als würde Dir das nicht liegen, und
seit die
Renaissance von den
Bahr und
Hoffmannsthal zum Dogma erhoben worden i
st, i
st
sie mir verleidet.
Wenn Dich die
alte alten alten Zeiten locken, was ich begreife,
so
schreibe Du ein Alt-
Wiener-Stück. Ich meine,
Du könnte
st da etwas Entzückendes machen. Folge mir und la
sse Dich von den Zünftlern
nicht aus Deinem Leben und Deiner Wärme ins »Literari
sche« hineinlocken!
|Wann ich zurück komme? Ich habe keine Ahnung. Wenn
ich im
selben Tempo fortarbeite, kann der näch
ste Sommer herankommen. Denn ich
arbeite qualvoll
schwer, da ich es
so gern vermeiden möchte, Banalitäten zu
sagen,
und
sitze über einem Feuilleton manchmal 14 Tage. Freilich beginne ich die Ge
schichte
satt zu bekommen, – die ewige Feuilleton-Schmiererei eben
so wie den Mi
sthaufen
China; und da
ich auch meine Familie auf Abkürzung meiner Rei
se
|dringt,
so könnte es ge
schehen, daß ich nach
Peking einfach kurz abbreche und heimkehre, ohne
Japan ge
sehen zu haben. Das wäre ein
schweres Opfer, aber es i
st nicht
unmöglich, daß ich es bringen muß. In die
sem Falle wäre ich etwa im Februar wieder in
Europa. Jedenfalls bitte ich Dich, mir nur noch bis
Ende Oktober nach
Shanghai zu
schreiben. Was
bis zum 20. Oktober von
Wien abgeht, erreicht mich
sicher noch in
China.
|v↓V↓on da ab bitte ich Dich, alle Deine
lieben
lieben Briefe meiner
Mutter
zu
senden (
Frankfurt am Main, Rossert Rossertstrasse 15), welche
alles immer meine
Adre
sse kennen und mir Alles nach
senden wird.
Will
st Du glauben, daß
Richard mir mit keiner Sylbe
seine Verheirathung angezeigt hat? Es gibt Fälle, wo man
schreiben muß,
selb
st wenn man niemals
schreibt. Und mich kränkt
|be
sonders der Gedanke,
daß er weder Dich noch den jungen Herrn
von Hoffmannsthal in die
ser Wei
se vernachlä
ssigt haben würde.
Avec moi, on en prend à son aise!
Das i
st aber nur zwi
schen Dir und mir ge
sagt, und Du
soll
st ihm, wie
Leo die herzlich
sten Grüße von mir übermitteln.
Auch Dir, mein lieber Freund, herzlichste und treueste Grüße!
Dein
Paul Paul Goldmann
Viele Grüße an Deine
Freundin!