Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 2. 7. [1897]

Fondateur M. L. Sonnemann.
Journal politique, financier, Paris, 2. Juli.
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour.
Bureau à Paris

Mein lieber Freund,

Ich danke Dir für Deinen lieben Brief und Deine Correspondenz-Karte. All’ diese Tage konnte ich nicht die Zeit zur Antwort finden. Auch bin ich krank und mißmuthig.
Aus der Schweiz habe ich plötzlich die Wagner-Biographie erhalten. Ihr seid wirklich zu lieb und gut! Ich hoffte schon, Ihr hättet es vergessen. Ich freue mich sehr über das schöne Buch. Bitte, theile mir die Schweizer Adresse mit, damit ich danken kann. Und was wird aus dem Opernglas? Willst Du mich denn unter allen Umständen zwingen, die 10 Francs, die Du mir dafür gegeben hast, zu unterschlagen? Bitte, laß’ mir die Redlichkeit meiner Seele, mein einziges Gut.
|Wenn ich daran denke, daß Du noch vor Kurzem hier gewesen bist, so will ich es gar nicht glauben. Das isso fern, und ich bin so einsam!
Brauche ich Dir zu sagen, daß es mein Herzenswunsch ist, Dich in diesem Sommer noch ein paar Tage zu sehen? Aber die Reise nach Ischl isso weit und theuer. Für die Hin- und Rückfahrt geht allein der größere Theil des Geldes drauf, das ich ausgeben kann. Ich kann noch gar nichts Bestimmtes sagen. Was würde mich die Pension in Ischl pro Tag kosten? Natürlich dürfte das Zimmer nicht allzu schlecht sein.
Fahre ich nach Ischlso gehe ich über Bayreuth zu einer der Parsifal-Vorstellungen |am 8, 9, oder 11 August. Wenn Du schon nicht hinkommen kannst, vielleicht kann Richard auf ein paar Tage herüberfahren? Es ist nicht unmöglich, daß von hier aus Maxime Dethomas mitkommt. Leo wiederzusehen würde mich unendlich freuen. Von Hugo mag ich nichts wissen, ganz und gar nichts. Ich mag mir auch nicht die Mühe nehmen, ihn wiederzufinden. Er hätte mich ja blos nicht zu verlieren brauchen.
Vorgestern habe ich bei Madame Marni in Louveciennes gefrühstückt. Sie hat sich sehr mit Deinen Grüßen gefreut und sich angelegentlich nach Dir erkundigt.
Ich hoffe, es geht Dir gut in Ischl. Mit besonderer Freude habe ich vernommen, daß das |neue Stück zum Leben erwacht. Trag’ es nur mit Dir herum, bis die gewünschte Klarheit da ist. Und wenn Du Dich jetzt nicht zum Arbeiten gestimmt fühlst, so überstürze es nicht und laß’ Dir Ruhe. Es ist durchaus nicht nöthig, daß Du für die nächste Saison gleich wieder mit einem neuen Stücke da bist.
Schreib’ mir, bitte, recht bald und recht ausführlich: 1.) Wie es Dir geht (körperlich auch)? 2.) Wie Du Richard gefunden hast? 3.) Welche Nachrichten Du aus der Schweiz hast? Und was weiter geschehen wird?
Ich begrüße Dich von Herzen und in Treue
Dein
 Paul Goldmann.
Wenn Deine Frau Mutter mit Dir ist, so empfiehl’ mich, bitte.
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