Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 6. 7. [1897]

|Bad Fusch, 6. July.

mein lieber Arthur,

ich lebe sehr still und recht zufrieden, versuche hie und da Verse zu machen und komme mir merkwürdig unsicher und entwöhnt vor, schmiere an meiner Doctorsarbeit und finde dass »Faust« von Goethe ein sehr angenehmes Buch ist, in welchem das Schöne und das Kluge wundervoll ineinander aufgehen, was man denn wohl heitere |Weisheit nennen kann. Anders wieder die italienische Reise, die einem einen guten Begriff von der Frische und kraftvollen Naivetät eines drei- oder vierundvierzigjährigen Menschen geben kann.
Die Mozartbiographie enthält viel weniger menschliches, als ich erwartet hätte, zumindest in diesem Theil; nur hübsche kindische Briefe aus Italien. Vielleicht schicken Sie mir gelegentlich hieher den 2ten Band, ich Ihnen |den ersten. Denn nach Salzburg komm ich nur mit einem sehr kleinen Koffer. Dass mir Richard absolut nicht schreibt, bedeutet doch wohl nichts besonderes, am wenigsten dass er viel arbeitet?
Ich wäre sehr froh über einige Nachricht von Euch beiden.
Herzlich der Ihre
Hugo.
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