Directeur M. L. Sonnemann. Paris, 21. April.
Journal politique, financier,
commercial et litteraire.
Paraissant trois fois par jour
Mein lieber Arthur,
Von morgen ab wech
sele ich meine Adre
sse, die fortan
lautet:
24. Rue Feydeau.
Ich verzichte darauf, Dir zu sa jedes mal zu sagen, eine wie große Freude Du mir stets mit Deinen lieben
Briefen machst. Du ahnst nicht, wie wohl mir Deine treue Freundschaft thut. Ein
Festtag in meinem armen Leben. Und ich bin Dir so von Herzen dankbar.
Ich habe mich
sehr
|gefreut, daß Du mir die
Bekannt
schaft mit Fräulein
Sandrock vermittelt, und ich danke Dir
sehr für die
se neue intere
ssante Beziehung.
Albert habe ich einige Tage lang nicht ge
sehen. Ich glaube, er wird
sich nun bald an
Deine
Übersetzung machen. Auch
die Frage der Aufführung an einem hie
sigen Theater haben wir oft erörtert. Wir
verkennen aber
Beide nicht
die Schwierigkeiten. Fremde Stücke führen hier überhaupt nur die
freien Bühnen auf, al
so »
Théâtre Libre« und »
Oeuvre«. Während Du al
so bei den übrigen Theatern kaum
|ankommen könnte
st, weil Du ein deut
scher Dichter
bi
st,
so
steht Dir bei den beiden letz
tgenannten der Um
stand
entgegen, daß Du in Gei
st und Sprache zu fein und zu
franzö
si
sch bi
st. Die
Freien Bühnen suchen in den
deut
schen Stücken das für
Paris Fremdartige: My
sticismus, Romantik, überhaupt die germani
sche Note. Der
Director des »
Oeuvre« bereitet für die näch
ste
Saison zum Bei
spiel als
be
sondere Delikate
sse
Schillers »
Räuber« vor. Kurzum, die
Aufführungs-Chancen
stehen nicht gut für Dich. Ich habe mir bereits eben
so redlich
als vergeblich Mühe gegeben. Trotzdem gebe ichs nicht auf; eine
|Möglichkeit kann
sich immer noch bieten. Vielleicht
gelingt es, für die »
Wiener Schule« in den
Revuen Skandal zu machen,
so daß man dann auch nach ihrem
Theater verlangt. Auch ein in
Deutschland
davongetragener großer Erfolg würde Dir
sehr für
Paris zu Statten kommen
etc. Alles Dich betreffende
Literari
sche will Dir übrigens
Albert direct
schreiben.
Deine große Productivität, über die Dir↓mir↓ Deine Briefe berichten, freut mich von Herzen. Ich möchte gern bei
Gelegenheit etwas von Deinen neuen
Stücken hören. Daß Du Ve »verdichtest«, ist gewiß recht. Ich werde ein |immer überzeugterer Anhänger von Kürze und Einfachheit.
Was Du mir über
Deine↓meine↓ letzte
Arbeit schreib
st,
i
st eitel Güte und Freund
schaft. Aber außer Dir und
son
st noch ein paar lieben Leuten
habe ich kein Publikum. Meine Erfolge
sind rein morali
scher Natur, – kein materielles
Vorwärtskommen. Meine Laufbahn i
st auf ihrem Gipfel angelangt – der niedrig genug i
st
– und jetzt gibt es nur ein Hinunter
steigen.
|Mein
Schwager meint, einer der Hauptgründe des mangelnden
Heilerfolges
sei der Um
stand, daß mir die gei
stige Ruhe während der Kur gefehlt hat.
Es i
st etwas Richtiges daran. Wenn ich nicht ge
sund werde und nimmer ge
sund werden
kann,
so liegt das auch an dem an
stregenden Berufe. Darum
soll ich wenig
stens auf 4
Wochen nach
Frankfurt.↓,↓ um in Ruhe behandelt werden zu können. Freilich war es den ganzen Winter
lang mein Traum, im Herb
st mit Dir zu rei
sen. Nun muß ich darauf verzichten. Das thut
mir in der Seele
|weh. Aber es war
so
selb
stver
ständlich, daß ich auf die
sen Wun
sch, weil er mir gar
so lieb war, würde
verzichten mü
ssen.
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Freund! Sei recht froh! Und schreib’ mir bald!
In Treue
Dein
Paul Goldmann.