Arthur Schnitzler an Richard Beer-Hofmann, 24. 6. 1895

|Herrn n. a. Lieutenant
Dr. Richard Beer Hofmann
im k.k. Landw Inf Regimt.
Caslau Nr 12

|Lieber Richard. Ich freue mich sehr, dass ich Sie noch in Wien sehen werde. – Nobl sprach ich vorgestern, er hat, »angeregt« durch Ihre persönliche Bekanntschaft, das Kind gelesen. Sie werden ersucht, sich nächstens auf |gefahrlosere Weise Leser zu verschaffen. – Habe heute Kopfweh, nach einer »ungemeinen« Landpartie die ich gestern gemacht und die – entschuldigen – in zwei miserabeln Betten einer niederoesterreichischen Stadt endete.
– Von der Lou Salomé hab ich |noch immer gar nichts gehört. Sie? – Wie wird es mit Kopenhagen sein? – Auch von Paul ist noch nichts Definitives herauszubekommen. – Kennen Sie den Briefwechsel LessingEva König. Er ist nicht sehr interessant. Merkwürdig nur, wie sie sich immer über Lotterienummern |berathen. – Lesen Sie den Candide. – Hingegen weniger nothwendig das »Gelächter« von Dörmann. – Ich übe mich in erzählender Prosa: Schreibe »Historietten« – wenn Sie wollen. Ja, den alten Dichter hab ich erheblich gestrichen; ich find ihn aber noch immer |etwas langweilig. Die stilistischen Schlampereien (»ich bin erschrocken«) sind wohl alle draußen. –
– Für Ischl hab ich literarisch gute Hoffnungen – möchte mein Stück gern beenden. – Von Dörmann soll dort ein Einakter gegeben werden, den er mir auch zum lesen gegeben hat u über den ich |eigentlich nicht sprechen darf. (»Auch von Frl. Albrechtssen wir einige freundliche Worte sagen.«) – Er heißt »Der Eisbrecher«. – Jo. –
– Hugo war gestern in Wien, ich hab ihn versäumt. – Heut bin ich braver Sohn und hole Mama von der Bahn ab. –
– In diesem Augenblick |sitzt der Schreiber im Nebenzimmer u paginirt den alten Dichter.
Leben Sie wohl und nehmen Sie von Ihrer schönen Arbeitssehnsucht recht viel ins Civil herüber. So könnten Sie z. B. den Götterliebling zu Ende schreiben. Finden Sie nicht? – Viele |herzliche Grüße
Ihr
Arthur
24/6 95.
    Bildrechte © Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Yale