Stefan Zweig an Arthur Schnitzler, [zwischen 5. und 10. 2. 1915]

Verehrter lieber Herr Doktor, Romain Rolland hat nur endlich wieder einen Brief ungehindert schreiben können. Er spricht auch von Ihnen darin – er hat offenbar in Berl. Tag. jenen Artikel gegen und für Sie gelesen – und schreibt »Le voici logé a la même enseigne en Allemagne que je le suis en France! Exprimez lui de ma part toute ma sympathie confraternelle – si toutefois elle |ne le compromet pas encore plus. Ah que les gens sont fous! C’est presque comique.« Wirklich – dieser Versuch auch Sie jetzt einzubeziehen in den grossen deutschen Bann war schon zu ärgerlich! Wird man all dies in zehn Jahren noch verstehen können? Ich denke Ihrer oft und in Herzlichkeit: hoffentlich hat die tragische Monotonie der andauernden bewegungslosen Kämpfe auch in Ihnen wieder die Arbeit als Gegengewalt hochgebracht. Ich habe keinen bessern Wunsch als Sie wieder schaffend und gesammelt zu wissen, dass wenigstens hier im Geistigen etwas Fruchtbares bleibe aus diesen sinnlosen Tagen der Vernichtung.
Ihnen und Ihrer lieben Frau herzlich getreu
 Stefan Zweig
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