Paul Goldmann an Olga und Elisabeth Gussmann, 10. 12. [1901]

Berlin, 10. Dezember.

Liebes Fräulein Olga,

Haben Sie vielen Dank für Ihren lieben Brief! Antworten kann ich Ihnen noch nicht. Es ist nicht mit Worten zu beschreiben, was ich zu thun habe! Ich will Ihnen nur sagen, wie sehr mich Ihre Zeilen gefreut haben, in denen Sie als das liebe Wiener Mädel erscheinen, als das ich Sie kenne. Warum man weinen muß, wenn Hauptmann ein schlechtes Stück schreibt, ist mir |zwar unklar, aber über Hauptmann wollen wir nicht mehr miteinander reden. Bezüglich des dritten Aktes von Hoffmanns Erzählungen bin ich ganz Ihrer Ansicht. Ich habe ihn immer für das schönste gehalten, wenn auch die Barcarole mein Lieblingsstück bleibt. Nur Arthur hat, wie Sie sich erinnern werden, die ganze Oper als talentloses Machwerk bezeichnet und hat dadurch wieder bewiesen, daß er vom Theater nichts versteht.
Alfred Gold, der verworrene |und alberne Literatur-Lausbub, ein Protégé der Frau meines Onkels, ist von meinem Onkel als Berliner Feuilleton-Correspondent der Frankfurter Zeitung engagirt worden!!!
Lassen Sie es sich gut gehen in Ihrer neuen Pension mit den new style-Möbeln und seien Sie (bis ich Ihnen ausführlich schreibe) einstweilen herzlichst (nicht herzlich, wie Sie schreiben) gegrüßt von Ihrem getreuen
 Paul Goldmann.

|Liebes Fräulein Liesl, der unglaublich blöde Brief, den Sie mir geschrieben haben, hat mich sehr gefreut. Seien Sie brav und lernen Sie was! Zur Belohnung dürfen Sie dann auch nach Berlin kommen und wieder einmal in meinem Umgang sich fortbilden. Kohrl verlebt in Tirol gewiß glückliche Tage, seit er Sie los ist. Grüßen Sie Herrn Paul und seien Sie selbst herzlichst gegrüßt von Ihrem getreuen
 Paul Goldmann
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