Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 18. 2. [1901]

Berlin, 18. Februar.

Mein lieber Freund,

Ich war Freitag bei Mizzi Gl., ehe sie ins Sanatorium ging. Seither keine Nachricht. Auch ich verstehe absolut nicht, was sie hat, bin aber fest überzeugt, daß es nicht Neuralgie sein kann. Das arme Mädel issehr heruntergekommen. Ich habe immer eine Blutkrankheit vermuthet, und aus den vagen Andeutungen, die Renvers gemacht zu haben scheint, höre ich etwas wie eine Bestätigung heraus (Blutzersetzung?). Ich kann zu Renvers nicht gehen. À quel titre? Aber ich hoffe doch noch einen Weg zu finden, um mich an medizinischer Quelle zu informiren.
Daß Du den Plan hast herzukommen, issehr schön. Ich hoffe, Du führst ihn aus.
|Es ist nicht unmöglich, daß ich für Olga etwas bei Lindau thun könnte. Aber Du müßtest auch eingreifen, Dein Wort würde mehr ins Gewicht fallen als meines. Wolzogen kenne ich persönlich. Auch bei ihm könntest Du viel ausrichten, ich könnte nur mithelfen. Aber wäre das Überbrettl denn eine Existenz? Und ist die Kleine mit ihren Studien schon fertig?
Yvette Guilbert, deren Mann Dich kennt und liebt (Deine Werke nämlich), läßt Dich fragen, ob Du ihr nicht einen Einakter schreiben möchtest? Eine Pierrot-Komödie, und zwar einen revolutionären Pierrot. Keine Pantomime. Die Komödie soll von einem großen fransischen Componisten (vielleicht Saint-Saëns) |in Musik gesetzt werden. Bitte, antworte mir sofort, da ich der Mad. Yvette noch Bescheid geben möchte, solange sie hier ist.
Den Roman in der N. D. Rundschau lese ich nicht, weil ich mir das Werk nicht will in Fortsetzungen zerhacken lassen. Sehr reizend war der Dialog in der »Jugend«. Weniger gefallen hat mir der »Blinde Hieronymo«. Die Geschichte ist geistvoll ausgedacht, bleibt aber weit zurück hinter der wilden Tragik des Originals.
Richard hat mir nicht geschrieben. Sag’ ihm auch nichts mehr. Der Teufel soll ihn holen!
Viele treue Grüße!
Dein
Paul Goldmann.
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