Fondateur M. L. Sonnemann. Paris, 10↓1↓. März.
Journal politique, financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour.
Mein lieber Freund,
Ich habe mit der verfluchten Orient-Geschichte unbändig zu thun. Auch er thut mir mein Auge f unerträglich weh. So kommt es, daß ich Deinen lieben Brief erst heut beantworte.
Ich danke Dir von ganzem Herzen für den Bei
stand, den Du mir in der Angelegenheit mit
Kleins Bruder geliehen. Ich bin
selb
st wohl auch nicht ohne Schuld an die
sen Unannehmlichkeiten. Ich la
sse mir Leute
die
ser Art zu nahe kommen, in einer gewi
ssen
schlamperten Liebenswürdigkeit. Auch
habe ich mich von meiner Heftigkeit zu
sehr hinreißen la
ssen.
Arthur Klein hat
sich prachtvoll benommen.
|Wenn Du
ihn sieh
st,
so danke ihm noch
be
sonders, bitte
,↓!↓ Freilich hat es weiterhin noch einige Klat
schereien gegeben, und die
Unannehmlichkeiten
sind noch nicht zu Ende.
Aber Aber ich mache mir heut große Vorwürfe, Dich
mit der ganzen Sache behelligt zu haben. . . . .
Soeben erhalte ich für
Euch Dich und
Richard zwei Nummern von »
Politiken«, wo
Peter Nansen über Dich und zugleich über uns
geschrieben hat. Ich ver
stehe kein Wort davon,
aber es
scheint prächtig zu
sein.
Du Ich
sende beide
Nummern an Dich.
Meine Rei
se nach
Nizza i
st infolge der Orient-Ereigni
sse auf näch
ste Woche ver
schoben.
|Ich kann Dir gar nicht
sagen, wie ich mich auf Dein
Kommen freue! Ein vorheriges Zu
sammentreffen in der
Schweiz i
st leider unmöglich. Ich darf mich nicht vom Flecke
rühren; hoffentlich habe ich nur hier während Deiner Anwe
senheit wenig zu thun, damit
ich Dich ordentlich genießen kann. Die Wohnungsfrage wird freilich nicht leicht zu
erledigen
sein.
D Ich habe nochmals energi
sche
ste
Nachfor
schungen ange
stellt. Das Re
sultat i
st das, was ich gewußt hatte: An
ständige
franzö
si
sche Familien geben
keine
Pension, und diejenigen Familien, welche
Pension geben,
sind nicht an
ständig. Ausnahmen gibt
|es wohl, aber eine
solche zu finden, i
st reine
Zufalls
sache. Im Übrigen denke auch ich, daß Du irgendwo zwi
schen Stadt und Land
wohnen
soll
st, am Be
sten in
Passy, das be
sonders anmuthig und zugleich bequem i
st. Was ich Dir
sage,
sind keine
definitiven Re
sultate. Ich habe einige
franzö
si
sche Bekannte mit Umfragen beauftragt, und die
Nachfor
schungen dauern fort. Ein
Hotel, wie Du es
wün
sche
st, wird ra
sch gefunden
sein,
sobald Du mir das Datum
meiner Deiner Ankunft mittheil
st. Allzuviel
Comfort wir
st Du freilich nicht finden. Das
Pariser
|Hotelwe
sen i
st
sehr
zurück. Das hat
schon
Balzac con
statirt,
und
seit
Balzac hat
sich wenig geändert. . . . . . .
Was Du mir über Deine
Freundin schreib
st, i
st
sehr
schön. Ich habe nie daran gezweifelt, daß
sie
»auf un
serem
Niveau« i
st,
schon weil
sie Deine
Freundin i
st. Du kann
st Dir
denken, wie ich mich darauf freue,
sie kennen zu lernen. Darf ich Dich ein
stweilen
bitten, mich ihr zu empfehlen? . . . .
Nach der
so gut verlaufenen Unterredung mit dem
|Vater sind wohl die
schlimm
sten Unannehmlichkeiten vorüber. Ich halte es für ein
großes Glück, daß ein äußerer Zwang Dich auf einige Zeit von
Wien wegtreibt. Ich ver
spreche mir viel von der Wirkung, die
Paris auf Dich haben wird. Es wird Dich elektri
siren, und Dich mit Schaffenskraft und
Schaffenslu
st erfüllen. Auch wir
st Du den
Pariser
Frühling
sehen, welcher eine der Gnaden Gottes i
st.
Freilich könnte es sich auch ereignen, daß Dir hier Alles sehr zuwider ist.
|Wir wollen den Himmel bitten, daß es gut
ausgeht.
Bald höre ich wohl Näheres?
Ich begrüße Dich von Herzen!
Dein
Paul Goldmn
Schön habt Ihr wieder in
Wien gewählt. Ihr
seid eine rechte Bagage. Schämt Ihr
Euch gar nicht vor
Europa?