Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 24. 4. [1895]

|Frankfurt 24. April.

Mein lieber Freund,

Seit zehn Tagen bin ich in Frankfurt bei den Meinen. Deutsches Land, Frühling und Friede – das thut wohl. Aber drohend sind die Zukunftsfragen da. Und ich war krank und lag einige Tage zu Bette. |Dieser Tage gehe ich nach Paris zurück. Will Dir nur von unterwegs einen Gruß senden. Aus Paris hörst Du Näheres von mir.
Herzl ist gar sschweigsam über das Beisammensein mit Dir. Ist das nur seine eitle |Suffisance? Oder habt Ihr was gehabt? Wie hat er Dir überhaupt gefallen?
Ich höre, Du wirst erst im Herbst aufgeführt. Besser im Anfang, als am Ende der Saison. Am Besten wäre es freilich, die Berliner Aufführung |ginge der Wiener voran. Publikum und Kritik sind in Berlin doch im Ganzen intelligenter. Ein Berliner Erfolg wäre für Wien bestimmend, auch für den ewig zaudernden Burgtheater-Direktor. (Wie ich hier höre, strebt Paul Lindau nach Burckhardts Nachfolgerschaft). |Hier ein Stück von Rudolf Lothar gesehen. Es ist unerhört, daß man diesen Buben nicht mit Fußtritten vom Theater jagt.
Hast Du frohe Ostern gehabt? Und wie gehts Dir? Du schreibst mir wohl ein kurzes Wort, ohne meine |längere Antwort abzuwarten.
Bahr hat also wieder einen Vortrag gehalten. Der Volkssänger der Moderne! Die Brettl-Natur, das ist der Grund in dem Wesen des Kerls. Wie ich den immer mehr hasse! Diesen Mann von Geist, aber |ohne Kunst, ohne Urtheil, ohne Gewissen! Merkst Du, wie er sich langsam in die Clique hineinschleicht? In wenig Jahren hat er irgendwo ein officiöses k. k. Literatur-Amt. Daß dieses Rindvieh, der Necker, Dich angreift, isselbst|verständlich. Daran daß Du die Ochsen stützig machst, kannst Du auch sehen, daß Du Jemand bist. Aber daß dieser Angriff in der »Zeit« steht, macht mir das Blut wallen. Wenn Ihr könnt, tretet den Bahr noch bei Zeiten todt. Sonst werdet Ihr viel Schlimmeres erleben. . . . 
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Freund!
Dein
 Paul Goldmnn
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