Georg Brandes an Arthur Schnitzler, 10. 5. [1901]

Liebster! Ich habe Ihren Brief und ich habe den Roman mit der grössten Freude gelesen. Er ist so wahr und tief. Ein ganz klein wenig zu roh haben Sie doch vielleicht den Virtuosen gemacht. Man hat den Eindruck, er habe eine sinnliche Enttäuschung erfahren, die Dame hat ja freilich nicht vor der Umarmung Toilette machen können. Wie es bei der Marni heisst tub be or not tub be, that is the question. Oder er hat vielleicht, wie es geht, so viele Frauen an den Hals, dass er nicht mehr verträgt. Jedenfalls |das Buch ist gut. Die Nebenhandlung, die Geschichte der schönen Frau, sehr fein geführt.
Ich glaube dass ich am 16sten von hier über Wien nach Abbazia reise.Wenn Sie in Wien dann sind und ein Paar Stunden für mich übrig haben, möchte ich schon Mittags um 3,48 nach Wien kommen und bis 8 Uhr Abends bleiben.Sonst reise ich durch.
Bitte, liebster Freund und Poet, um eine Zeile Antwort.
Ihr
 Georg Brandes
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