Richard Beer-Hofmann an Arthur Schnitzler, 20. 5. 1897

|20/V 97 Wien
Lieber Arthur, ich hab Ihren Brief vor einer Viertelstunde erhalten und antworte schon damit Sie bei Ihrer Ankunft in London ihn vorfinden. Ich reise am 3. Juni Früh nach Ischl. Länger kann ich nicht hier bleiben. Ich bin |recht verdrießlich: Mein Husten, kein Geld, Wohnung in Ordnung bringen – ich bekomme Wutanfälle wenn ich hausfrauliche Pflichten erfüllen soll. Kommen Sie nicht |im Juni mit Ihrer Mama nach Ischl? Wien dürfte Ihnen ja unerträglich sein.
Dem Paul sagen Sie: »Ein guter Mensch in seinem – – – –« und betonen Sie das »gut«. Er hat |tausendmal recht gehabt mit Allem was er von der Verlogenheit und Niedrigkeit dieses Packs sagte.
Altenberg hat mir – ich bat ihn nicht darum – |im Tiergarten durch einige Stunden Gesellschaft geleistet. Von dem plumpem Comödiespielen dieses armseeligen Schmierencomödianten können Sie sich kaum einen Begriff machen. |Er lehnt verzückt an irgend einer Umfriedung und starrt auf irgend einen Schwarzen oder Schwarze und wartet daß ihn ein zufällig Vorübergehender (– er ist natürlich nur am Nachmittag in den Besuchsstunden dort wo er gesehen wird –) |aus seiner Verzückung reiße. Dabei ist er blind für den wirklichen Reiz dieser dunkeln Menschen
Er kann nur lügen.
Von Bahr mag ich |nicht mehr reden. Er »sinkt« immer tiefer würde ich sagen, wenn er jemals hoch gestanden wäre. –
P. schreibt mir täglich und ist geduldig und brav. Da fällt |mir ein daß Sie ja – da ich nach London adressire – Paul nicht mehr sprechen; also schreiben Sie ihm viel Herzliches von mir, und seine neue Adresse möcht ich wissen. Bicycle? Noch nicht!
Ihr
Richard
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