|Tłumacz bei Stanislau (Galizien)K. u. K. 8tes
UhlanenregimentSonntag 17ten Mai.
lieber Arthur!
vor einer Woche hat mir meine
Mutter ge
schrieben, Sie hätten mit ihr ge
sprochen und ihr erzählt, da
ss im
Herb
st wieder ein
ein Stück von Ihnen aufgeführt
werden wird. Das hat mich, wie es der Zufall manchmal bringt,
so »hi
stori
sch«
berührt. Die ganze Zeit,
seit wir uns kennen, i
st mir als ein ganzes eingefallen, wie
eine Land
schaft,
|aber viel
merkwürdiger: als wenn man in einem Thal
stünde und durch die Wände der Berge
hindurch die andern Thäler gleichzeitig
sehen würde.
Auch der gute
Goldmann ist mir
sehr
stark
eingefallen und
sein
sonderbares
schmerzliches Leben. Es i
st merkwürdig, wie
stark
man an Vergangenes denken kann, wenn man
so allein und abge
schnitten lebt, wie ich
hier. Mir i
st eingefallen, wie mir der
Goldmann zum er
sten Mal von
Nietzsche
und von
Bahr erzählt hat, das ganze kleine
Redactionszimmer und un
sre
|er
sten Begegnungen, und alles
kommt mir
so unglaublich vergangen vor und
so nett und altmodi
sch wie eine Ge
schichte
aus der
Jean Paul-Zeit.
Wir haben doch in diesen paar Jahren sehr viele schöne Stunden gehabt.
Wir haben
sehr oft das Leben reich und groß ge
sehen und waren im Stande, viele Dinge
auf einander zu beziehen, und immer hat
sichs wieder verändert, das war das
schön
ste.
Auch da
ss wir voneinander nicht gar zu viel
wi
ssen und immer
ein jeder
|wie ein Neuer aus
seinem Leben
hervortritt und wieder hinein geht, ist
sehr
schön.
Über meinen augenblicklichen Zu
stand will ich lieber nichts erzählen: die Station i
st
von einer teufli
schen Hä
sslichkeit, die Men
schen nicht recht erfreulich, das Wetter
fortwährend elend. Ich habe einige Bändchen
Platon mit, auch den
Pindar und den
uner
schöpflichen er
sten Band von
Goethe: die
Lieder, die Elegien, und die Sprüche. Ich freue mich im
stillen (wenn auch mit
Zweifeln) Ihr neues
Stück noch
im
Juni bei der
Tini zu
hören.
Herzlich Ihr
Hugo.