Dein lieber Brief (mit dem ich mich
sehr gefreut habe) und Deine Karte wurden mir
hierher nachge
sandt (Frau
Bondy:
Prag,
Mariengasse 45). Ich habe eine kleine Erholungsrei
se gemacht, bei
der ich mich freilich wenig erholt habe. Ins Gebirge konnte ich nicht wegen des
schlechten Wetters. So bin ich in Etappen nach
München gefahren:
Weimar,
Eisenach (mit der reizend gelegenen und wegen
der
Fresken Schwindts überaus
sehenswerthen
Wartburg),
Würzburg (herrliche
Fresken von
Tiepolo),
Bamberg, (ein großartiger
Domplatz auf einem
Berge),
Regensburg |(
schöner gothi
scher
Dom) und
München. Ich
wohne wieder im
Hotel Marienbad und gedenke
Dein der
schönen Tage, die wir
vor Jahren hier verbracht haben.
Daß das Verbot des »
Reigen« Dir keinen Schaden gethan hat, freut mich
sehr. Auch ha
st Du ganz Recht, daß
Du vorläufig in der Öffentlichkeit nichts darüber verlauten la
ssen will
st. Wenn es
zum Prozeß kommen
sollte, wird dazu immer noch Zeit
sein, – falls es überhaupt
nothwendig werden
sollte. Immerhin i
st es wichtig, daß in dem Prozeß Dein
Verleger durch einen tüchtigen Anwalt vertreten wird, der
im Sta fähig
|i
st, die Angelegenheit von einem höheren Standpunkte
aus zu erörtern.
Eure Frühjahrsrei
se nach
Sizilien wird
sehr
schön werden.
Durch den Auf
schub i
st Euch das
schlechte Wetter er
spart geblieben. Ich wün
sche Euch
den
schön
sten Sonnen
schein
. Nur follte
st Du länger als einen
Monat bleiben. In vier Wochen i
st die Rei
se vielleicht etwas an
strengend.
Meiner
Freundin geht es,
nachdem
d die drohende Gefahr
abg glücklich abgewendet i
st, recht gut. Sie hat mir
mehrsm mehrmals Grüße für Dich aufgetragen. Wie
sich un
sere Zukunft ge
stalten wird, weiß Gott allein. Wenn
|sie ich
sie nicht habe,
wie jetzt,
so
sehne ich mich nach ihr; war ich aber vier Wochen mit ihr zu
sammen,
so
habe ich, wenn
sie wegfährt, ein Gefühl,
alt der Freiheit. Es
scheint, daß man von einer Frau niemals gerade
so viel hat,
als man
will,↓braucht,↓ sondern immer nur entweder zu wenig oder zu viel.
Ich leide
seit einer Woche an Kopf
schmerzen, die ich mir durch Zuviel-Sehen und
Zuviel-Herumrei
sen zugezogen habe. Nimm’ Dir ein warnendes Bei
spiel für
Sizilien!
Schreib’ mir bald wieder und
sei,
sammt
Frau und
Kind (was macht
Heinrich?) herzlich
st gegrüßt von Deinem getreuen
Paul Goldmann