Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 19. 7. [1903]

Berlin, 19. Juli.

Mein lieber Freund,

Ich war in Frankfurt, ich habe sie wiedergesehen, und ich weiß jetzt: daß diese Frau (trotz Allem) rein und wahr und ein Engel von Güte ist. Ich war Jahre lang ein blinder Thor und ich habe mein Glück mit Füßen von mir gestoßen. Sie liebt mich nicht mehr, weil die Verachtung die Liebe in ihr ertödtet hat. Aber sie hat den Wunsch, mich wieder lieben zu können. Wenn ich in Frankfurt lebte, könnte ich sie vielleicht wiedergewinnen. Die Entfernung verurtheilt mich zur Ohnmacht. Aber ich habe ihr gesagt, daß mein Leben jetzt ihr gehört; und sie hat diese Gabe angenommen, ohne sich einstweilen jedoch ihrerseits zu |binden. Das Alles kann ich Dir nur mündlich erklären. Zum Schreiben fehlt mir die Zeit und die Kraft.
Meine Sommerpläne hängen von ihr ab. Es ist nämlich eine, allerdings sehr schwache Möglichkeit, daß sie mit mir auf 14 Tage nach Südtirol kommt. Weißt Du einen schönen, kühlen, billigen Ort, abseits von der Touristen-Heerstraße? Welsberg ist ausgeschlossen, weil dort Berliner Bekannte von mir sind. Wenn die Reise zustandekommt, wirst Du, wie ich hoffe, es einrichten können, mit uns zusammenzutreffen. Aber, wie gesagt, das liegt Alles noch sehr im Nebel.
|Jedenfalls gib’ mir einen Rath, wo man sich wiedertreffen könnte. Ist Eppan schön, wo Richard war?
Grüße mir Olga (seid Ihr nun verheirathet oder nicht?) und sei selbst tausendmal gegrüßt von
Deinem getreuen
Paul Goldmann
Dank für Riemer!
    Bildrechte © Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar