Felix Salten an Arthur Schnitzler, 22. 7. 1895

|22. Juli 95.
Lieber Freund! Das war sehr lieb von Ihnen, dass Sie mir mittheilten, ich werde oft gelobt, es hat mich sehr gefreut, denn ich begreife immer mehr, dass der Hugo recht hat, wenn er sagt: »Ich möcht mehr g’lobt werd’n.« Sie können sich vorstellen, welches Gewicht ich auf das Urtheil von Neumann lege. Jetzt erst glaube ich, dass ich doch etwas kann. Ich habe mir jetzt meine Feuilletons zusammenstellen laßen, und schicke sie Ihnen morgen. Wählen Sie davon welche aus, und senden Sie das an Goldmann weiter, ja? Dass ich Beer Hofmann nichts geschrieben habe, soll nicht missdeutet werden. Zu einem Brief lag rein äußerlich nichts vor, und ihm auf den Wurstelprater eine Widmung schreiben, mochte ich nicht, weil ich ja nicht wusste, wie ihm der Wurstelprater gefallen werde, und weil, – nun Sie wissen ja dass ich da vielleicht ein bisschen zu sehr empfindlich bin. Ich weiss ja auch heute nicht, ob er was davon hält, und so konnte ich ihm bis heute nichts schreiben. Übrigens vermuthe ich, dass er ihm nicht gefallen hat, weil Sie mir das sonst sicher geschrieben hätten. Dabei kann ich aber nicht begreifen, |seit wann wir uns das nicht mittheilen. Das Sie einen kleinen Neffen haben, wusste ich, aber das kann mir doch nicht imponiren, da ich doch zwei Töchter habe! Übrigens habe ich jetzt wieder acht Schreckenstage mitgemacht. Ich bin nämlich einmal doch erlegen, und so kamen dann die acht langen Tage. Endlich erschien die Gefahr doch beseitigt und ich atmete auf. Es wäre wirklich zu schrecklich gewesen. Übrigens verbringe ich nach dieser Seite hin arge Tage. Scenen, Scenen, Scenen. Wie einem da zu Muthe wird, können nicht einmal Sie recht wissen. Es gibt gegenwärtig, besonders aber heute, keine Frau, die mir unausstehlicher wäre als meine Geliebte. Sie hat übrigens gestern, als wir eine Stunde lang wortlos und wüthend nebeneinander saßen, plötzlich gesagt: »Uns sollte man mit Knütteln auseinander jagen.« O, wie recht! Wir sind übrigens in ein Stadium getreten, in welchem jeder Streit sofort ausartet und nicht wieder gutzumachende gegenseitige Beschimpfungen hervorruft, ich thue nichts, um das zu mildern, |und könnte es auch nicht. Intensiv denke ich ans Fortreisen, wo ich denn durch Ruhe und lieberen Umgang mich zu erholen, und ihr durch Briefe unsere Nichtzusammengehörigkeit eindringlich vorzustellen beabsichtige. Dass B.-H. erst Anfangs September fahren will ist fatal, aber da er den »Götterliebling« fertig macht, läßt sich nichts thun, das ist jedenfalls wichtiger, und wenn er im Herbste erscheinen will soll er doch dazu schauen, noch diesen Monat (August) fertig zu werden. Mit mir steht die Sache so: Ich kann den 13. od. 14. August fort; muss aber jedesfalls den 1. September zurück sein. Wenn wir zusammen reisen, dann müssten Sie sich längstens bis 1. Aug. entschloßen haben, damit ich mich danach einrichten kann. Für diesen Fall käme ich nicht nach Ischl, sondern wir träfen uns entweder in Wien, oder am 16. Aug. in Stettin, da ich auf 1 Tag nach der Insel Rügen muss. Nun aber folgendes: Moriz Rosenthal, den ich heute sprach, sagte mir, er könne nicht dringend genug vor Kopenhagen warnen. Es sei weder schön noch gut dort, ferner theuer, schlechte Bäder ec. Er räth Rügen an, oder Sylt, gewiss nicht Kopenhagen. Geht es noch, dass daran gerüttelt wird? Ferner: Wenn Sie nicht sehr gerne von |Ischl früher weggingen, als bis BH. fährt, oder auch die Anderen in Kphg. eintreffen, bin ich auch bereit auf die Reise zu verzichten. Für diesen Fall käme ich dann am 13. oder 14. Aug. einfach nach Ischl, ginge zum Leopold, nähme mein Bicycle mit, und bliebe ruhig bis 1. September dort. Wie es Ihnen angenehmer ist, mögen Sie nun entscheiden. Ich muß gestehen, dass es mir im Grunde gleich ist, wie u. wo ich die 14 Tage verbringe, ich möchte nur gerne rechtzeitig wissen, (also bis 1. Aug.) was geschieht. Mir kommt es in meiner momentanen Verfassung lediglich darauf an überhaupt nur fort zu fahren, und ein bischen Ruhe zu haben.
Schreiben Sie bald und leben Sie recht wol. Ich grüße Beer Hofmann und Sie
herzlichst Ihr
 Salten
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