Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 22. 4. 1897

Vielen Dank für Deinen lieben Brief!
Ich bin seit Sonntag hier (nachdem ich Samstag den Anschluß verfehlt und in Köln hatte übernachten müssen). Ich bin noch ganz krank hier angekommen und kann mich diesmal gar nicht erholen. Meine Familie issehr gut mit mir. Aber wir sitzen zusammen und denken über die aussichtslose Zukunft nach, und das ist nicht heiter. Auf der Redaction machen sie schiefe Gesichter, daß ich während des Krieges nicht auf meinem Posten bin. Ich werde also wohl bald zurück |ssen. Aber jetzt im Ruhen sehe ich erst, wie abgehetzt und müde gearbeitet ich bin.
Alle die Meinigen grüßen Dich herzlichst.
Wenn Du Zeit hast, schreib’ mir noch ein Wort hierher, wie es Dir geht. (Meine Adresse ist oben auf den Brief gedruckt).
Ich vergaß Dir zu sagen, daß Du einen Abend (mit ihr) in die »Scala« gehen sollst.
Gestern sah ich John Gabriel Borkmann. Das Drama hat zu Zeiten einen großartigen tragischen Schwung. Ich zähle es zum Besten, was Ibsen gemacht hat.
Mein Onkel ist voll des Lobes über Bahrs Roman| »Theater«. Kennst Du das Ding? Es wäre schrecklich, wenn dem Kerl wirklich einmal etwas Gutes gelungen wäre.
Es freut mich, daß Du mir wegen Freitag Abend nicht böse bist. »Sie« hat mich nicht zurückgehalten, ganz im Gegentheil. Auch da gibts allerlei Malheur.
Kaufe Dir die soeben erschienene Beaumarchais-Biographie von André Hallays. Ein reizendes Buch.
Grüße mir Deine Freundin und sei selbst von Herzen gegrüßt
Dein treuer
Paul Goldmn
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