Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 24. 4. [1897]

|Wien 24ten April

mein lieber Arthur

zuerst kommt eine dumme Geschichte, dann anderes. Die »Mimi« von der Clara Loeb steht seit 10 Tagen in der »Freien Bühne«, natürlich ist es herausgekommen von wem es ist.
Zum Theil hat die Minnie B. einen recht überflüssigen Tratsch angefangen (komisch mussich das alles in Paris |anhören) andersseits hat jemand recht gemeiner den Eltern Loeb einen anonymen Brief geschrieben, kurz heute Früh lässt mich die Mutter bitten hinzukommen. Die Clara war nicht zu sehen, die Anna und die Mutter verweint wie bei einem Leichenbegängnis, der Vater ganz blass und mit zitternder Stimme. Das weitere ist uninteressant; ich glaube dass ich sie doch ein bissel herumgekriegt |habe; Ihre active Theilnahme hab ich verschwiegen, weil die Mutter ohnehin eine schlechte moralische Meinung von Ihnen hat, während ich doch so brav und anständig bin. (Hoch!)
Zum Schluss waren sie fast gerührt über mich und vielleicht lassensie mich noch die Männer für die Mädeln aussuchen. Von Ihnen aber will ich nur zweierlei: 1.) wenn irgend jemand bei Ihnen anfragt (bei der rätselhaften Stellung, die |die Minnie zu der Geschichte hat, ist alles möglich) so wissen Sie einfach nicht, wer die Verfasserin ist.
2.) Sie müssen so gut sein, sofort an Fischer schreiben, dass der Druck des Buches unterbleibt und er das Manuscript umgehend an mich zurück schicken soll. Sie müssen das von Ihrem Verleger als persönliche Gefälligkeit verlangen. Ich habe es den Eltern bestimmt versprochen, mir zu liebe tut er es aber vielleicht nicht, weil |es ihm etwa unbequem ist. Also bitte, sofort.
Das Andere.
was essen Sie in Paris statt des gemischten Hausbrotes?
Eben kommt Hirschfeld.
Muss für heute schließen.
Grüße Goldmann.
Ihr
Hugo
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