Fondateur M. L. Sonnemann.
Journal politique, financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour. Paris, 27. Januar.
Mein lieber Freund,
Nur wenige Worte heut!
Dein lieber Brief hat mich beunruhigt. Was für Aufregungen
sind das
?↓,↓ welche Du durchzumachen ha
st? Ich will keine Einzelheiten wi
ssen. Du wir
st
mir
schreiben, wenn Du ruhig bi
st und Zeit ha
st. Aber nur in einer Zeile
sollte
st Du
mir
sagen: Hängt die Sache mit Frauen, mit der gewi
ssen
Dame zu
sammen? Oder
sind es Vorgänge nicht
weiblicher Art? Im er
steren Falle würde ich bedeutend ruhiger
sa sein. Das mag Dir frivol er
scheinen – Dir, der Du mitten darin
steh
st. Aber
ich
|huldige doch der hier zu Lande üblichen Auffa
ssung
:↓,↓ daß Erlebni
sse mit Frauen
selten
schwere und we
sentliche Schädigungen im
Leben zurückla
ssen. . . .
Innigen Dank für die Wärme, mit welcher Du Dich der
Lorenzaccio-Angelegenheit angenommen ha
st! Ich weiß nicht, ob ich mich an die Arbeit machen werde. Es
liegt eine complicirte Rechts-Situation vor. Nach
franzö
si
schem Rechte i
st
Musset noch nicht frei (er wird es er
st in zehn Jahren), und die
Erben stellen unver
schämte Forderungen. Ich erwarte die Antwort eines
deutschen Advocaten über den Fall.
|Bin auch wenig zur Arbeit ge
stimmt. Bin krank und
werde täglich von der gräßlichen Ang
st geplagt, blind zu werden. . .
Ge
stern
sandte ich Dir den »
Temps« mit der
schönen
Besprechung über
Dich. Der »
Temps« i
st das ange
sehen
ste und gele
sen
ste
franzö
si
sche Blatt, die »
Neue
Freie Presse« von
Paris. Schreib’ dem
Wyzewa (der ein
Freund Thorels i
st) ein Wort des Dankes. Das
kann gut thun, denn der
Mann
hat großen Einfluß. Von
Thorel höre ich nichts. Ich gehe die
ser Tage zu ihm. . . .
Den Schluß des
Feuilletons über
Lorenzaccio sende ich Dir deshalb
|nicht, weil er nur mit wenigen Worten die
Pariser
Aufführung be
spricht.
Bald höre ich hoffentlich von Dir. Arbeitest Du gar nichts?
Sei von Herzen gegrüßt!
Dein treuer
Paul Goldmann