Fondateur M. L. Sonnemann.
Journal politique,
financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour. Paris, 1. April.
Mein lieber Freund,
Du
sieh
st wohl, was Alles in der
franzö
si
schen Politik vorgeht. Der Teufel i
st los, und ich komme noch immer
nicht dazu, Dir zu
schreiben. Ich will Dir nur in der Eile für Deinen letzten lieben
Brief danken. Auch für Deine Photographie, die mich unendlich erfreut hat, habe ich
Dir wohl noch nicht gedankt.
Richard Specht i
st hier und macht mir viel Vergnügen; er i
st ein lieber,
sanfter Men
sch
geworden; aber Talent hat er wohl nicht; er las uns ein
Vers-Drama: Ver
se, aber
keine Poe
sie. Armer
Bursch!
Er möchte
so gern!
|Was Du über die Judenfrage im Zu
sammenhang mit
Herzls Buch schreib
st, i
st prächtig
und mir ganz aus der Seele ge
sprochen. Aber das
Buch i
st wirklich albern, – oberflächlich noch dazu und
fal
sch
sentimental. Echte
schlechte Feuilletoni
sten-Literatur. Aber wie verbohrt, wie
fal
sch beobachtend muß ein Men
sch
sein, der heut noch behauptet, die Juden
seien ein
Volk. Du und ich, der Rabbi
Blo Bloch Bloch und der Jud’, der unten »handel
n«
schreit – ein Volk! Das
i
st echt
Herzl. So hat er auch die
franzö
si
schen Dinge ange
schaut u. immer unrichtig ge
sehen. Für mich gibt es
eben nur eine Lö
sung der Judenfrage: daß die Juden
schließlich
|Alle Chri
sten werden.
Jesus i
st mir doch der
sympathi
sche
ste Jude und ich will gern
zu
seinen Jüngern zählen. . . . .
Mein
Onkel hat nett über »
Anatol«
geschrieben. Meine
Mutter sendet noch folgende
Ergänzungs-Kritik:
[handschriftlich Clementine Goldmann:] Das
»Abschieds« Souper von deinem Freunde hat uns
sehr gefallen – we
nn es auch für die
stupiden
Frankfurter – viel zu fein war
. [handschriftlich Paul Goldmann:] O
stern möchte ich nach
Frankfurt fahren, weiß aber noch nicht, woher ich das Geld nehmen werde.
Aber ich bin todt gearbeitet und habe ein
|heftiges
Bedürfniß nach ein paar Ruhetagen. Mit meinen Augen geht es
schlecht,
sie wollen
nicht mehr mit, und ich habe große Sorgen.
Vielleicht schreibe ich Dir den langen Brief doch noch vor den Feiertagen. Wenn
nicht: fröhliche Ostern.
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Freund
Dein
Paul Goldmann.
Der
Artikel des
kleinen
Loris in der »
Zeit« über
Stefan Georges hat mich einfach empört.
Stefan Georges i
st eine prätentiö
se Talentlo
sigkeit, und der
Artikel, abge
sehen von dem fal
schen
Urtheil, i
st in einem unerhört
schwül
stigen u. manierirten Styl ge
schrieben. Ein
zweiter
Hermann Bahr!