Fondateur M. L.
Sonnemann.
Journal politique, financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour. Paris, 7. Juni.
Mein lieber Freund,
Noch immer nicht der große Brief. Ich bin zu lebensmüde, zu hoffnungslos. Von allen
Seiten wird es enge um mich, und kein Ausweg, keiner!
Nur Folgendes:
Isidor Fuchs, der ein verläßlicher
Vertrauensmann i
st, frug mich um Dein
Stück. Ich
sagte ihm, die Schwierig
|keiten, die
sich ihm bisher entgegenge
stellt, lagen
wohl in den Kühnheiten, die es hat. Worauf
Fuchs solgenden Vor
schlag machte: Man
solle es zuer
st in einer jener Vor
stellungen
zum Benefiz der »
Concordia« geben, bei denen die
Burgschau
spieler alljährlich mitwirken. Präcedenzfälle
sind da
.↓,↓ wo ein
Burgtheater-Direktor ein Stück
auf die
se Wei
se zuer
st dem Publikum vorführte
.↓,↓ |gleich
sam probewei
se, um
den die Stimmung des Publikums zu
sondiren.
Fuchs, der, wie Du weißt, ein einflußreiches
Mitglied der »
Concordia« i
st, will Dir gern die Sache bei
Spigl
richten. Er meint, auch
Burckhardt würde mit Freuden zu
stimmen, und
so könnte man am Besten ein weiteres
Hinaus
schieben der
Aufführung
verhindern. Außerdem gibt eine
Concordia-Vor
|stellung eine gewi
sse Garantie für
gün
stige Referate. Was
sag
st Du zu dem Vor
schlag? Du
sollte
st ihn meiner An
sicht nach
freilich nur annehmen, wenn Du nicht ein
bindendes
Ver
sprechen von
Burckhardt erhalten könnte
st,
Dich bald aufzuführen. Es wäre aber nur eine Brücke für
die
Directoren-Feigheit.
Die
Sorma i
st in
Paris.
Th. Wolff, der hier
Correspondent |des »
Berliner
Tageblatt« i
st, wird mich ihr vor
stellen, und ich werde ihr von Dir
sprechen.
À propos Wolff: er hat in
Berlin eine
Geliebte f gehabt, die ihm lieber war, als alle andern:
Mizzi Rosner. Die Fäden, die
Fäden!
Und
Nordaus |Debüt in der »
Neuen Freien Presse«?
Di Die lang
same Vorbereitung zu
Herzls Nachfolger
schaft. Du ahn
st gar nicht, was für frecher Blöd
sinn in die
sen
Kunstartikeln stand.
Aber er i
st der große
Schriftsteller,
Herzl selb
st hat ihn candidirt, ich bin ein guter Reporter und zähle nicht mit. Von
Herzl überra
scht mich das nicht.
|Trotz aller
äußeren Collegialitäts-Tünche haben wir uns im Grunde immer gehaßt, und ich habe auch
nichts gemein
sam mit die
sem engherzigen, doktrinär vernagelten
Menschen von echt rabbini
sti
schem Spitz-
und Dürr-Gei
ste.
Nur thut es eben gar so weh, sich so übergangen zu sehen |und immer und ewig der Mensch zweiten oder dritten
Ranges zu sein.
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Freund, und laß wieder von Dir hören!
Dein
treuer
Paul Goldmann