Ich habe Dir nicht
sofort geantwortet, weil ich er
st die Antwort des H.
Sonnemann, meines
Chefs,
betreffend meinen Urlaub abwarten und Dir Be
stimmtes über meine Rei
sepläne mittheilen
wollte. Bis jetzt i
st noch nichts gekommen, und ich will nun die Antwort auf Deine
lieben Zeilen nicht länger ver
schieben. Aus der Verzögerung der Antwort des
Chefs schließe ich, daß meine
Bitte um
sofortige Beurlaubung nicht bewilligt werden und daß ich genöthigt werden
dürfte, bis nach den Stichwahlen
|– 3. September – zu
bleiben. Dann komme ich höch
stwahr
scheinlich im Lauf des September nach
Salzburg, und falls Du verrei
st, bitte ich Dich, mir jetzt noch ra
sch eine Adre
sse mitzutheilen,
wo Dich ein Telegramm oder ein Brief von mir erreichen kann. Ich kann Dir gar nicht
sagen, wie unendlich ich mich auf ein Wieder
sehen mit Dir freue. Aber ich bitte Dich
nochmals dringend, Dich auf Enttäu
schungen vorzubereiten. Ich habe mich nicht zu
meinem Vortheil verändert.
Was Du
son
st über die Beziehungen zwi
schen Dir und mir
schreib
st, i
st lieb und gut
und hat mir aufrichtig wohlgethan. Aber wenn Du einen Ton des Zweifels bei
|mir bemerk
st – ich glaube allerdings, Du ha
st
Unrecht, – träg
st Du nicht auch eine Schuld? Denk’ Dir nur, was Du mir während die
ser
Jahre ge
schrieben ha
st und was nicht. Du ha
st mich einzig und allein an Deinem
literari
schen Leben theilnehmen la
ssen. Aber von Deinem Per
sönlichen, was mir doch
bei allem Intere
sse für das Er
ste das unendlich Werthvollere i
st, weiß ich rein gar
nichts mehr. Höch
stens hier und da eine Andeutung, es
sei Dir unmöglich, über
solche
Dinge zu
schreiben. Und da ich weiß, daß Du mir ähnlich bi
st, und da ich mich kenne,
wie ich das Wort »unmöglich« gebrauche, weil es
schöner klingt als »unbequem«,
|wie es doch eigentlich heißen
sollte, –
so habe ich
manchmal Reflexionen darüber gemacht – nicht bittere, aber
schmerzliche. Nun, das
soll
sich wohl Alles jetzt wieder ausgleichen
. Auch Deine
Bitterkeit gegen mich. Denn bei aller Feinheit des Taktes, bei alle
n↓m↓ noblen Wun
sch,
sie zurückzudrängen, klingt
sie in Deinen Briefen durch, und
ich glaube, immer zu le
sen: Nicht einmal eine Be
sprechung in der
Frankfurter Zeitung hat er mir
geliefert! Da habe ich wirklich große Schuld. Ich weiß wohl, daß ich nicht gekonnt
habe. Aber wenn ich
so zurückdenke, habe ich keine Ahnung, wie das
so eigentlich
|gekommen i
st. Ich meine, es war doch viel
Willens
schwäche von meiner Seite dabei. Aber auch darüber wollen wir reden. Über
Deine
son
stigen Autoren-Leiden, mein lieb
ster Arthur,
f×× ha
st Du keinen Grund, Dich be
sonders traurig zu fühlen. Das gehört dazu, ich
schwöre es Dir, und i
st nur eine zurückzulegende Etape. In
Paris i
st doch das gei
stige Leben noch ganz anders entwickelt als in
Deutschland und
Österreich, ich meine in Bezug auf die Zahl der jährlich ge
schriebenen
|und gedruckten Werke. Und was ich da
so über Dummheit und Gemeinheit von Verlegern
erzählen höre. Ein anderes Bei
spiel: Hier lebt
Knut Hamsun, de
ssen
glänzendes Talent Du doch kenn
st. Seit Jahresfri
st muß er mit zwei neuen
Romanen, deren
Eine einen mein
Onkel ge
sehen hat und auch als höch
st
bedeutend bezeichnet – er hat ihn aus dem
selben Grunde nicht drucken können wie den
Deinen – muß al
so
bei allen
deutschen Verlegern
hau
siren gehen, findet nicht
einen, lebt nur durch
die Wohlthat zweier
Mäcene und wird
seine
Bücher nur
publiciren können, wenn ihm die
Letzteren |Geld leihen, um
sie im
Selbstverlag er
scheinen zu la
ssen. Dein
Anatol wird meiner An
sicht nach
sehr gekauft werden, wenn Du er
st einen Bühnenerfolg haben wir
st.
Sudermanns Romane haben
sich Jahre lang
unbeachtet herumge
seilt, und jetzt kann man nicht genug davon kriegen. Al
so nur ein
wenig Geduld, lieb
ster Freund, und Alles wird gehen. Eine
Aufführung im
Volkstheater würde ich an Deiner
Stelle nur annehmen, wenn das
Stück bereits in
Deutschland ge
spielt
wäre. Denn in
Wien zum überhaupt er
sten Mal ge
spielt zu werden, bei die
ser irr
sinnig dummen Kritik
|und noch dazu in die
sem voll
ständig unkün
stleri
sch geleiteten
Theater, würde ich nicht für zuträglich halten. Die Haupt
sache
i
st, die
Berliner Aufführung zu be
schleunigen,
und auch darüber wollen wir gemein
sam Rath halten.