Sehr geehrter Herr Doktor!
Im
dänischen Blatt »
Politiken« v. 5. Aug. steht
ein
Artikel von
Georg Brandes »
Zwei
Vorstellungen Heinrich IV«, in welchem folgende Stelle sich findet: »Unter den Stücken, die ich da (›
Deutsches Theater‹ in
Berlin) mit vollendeter Kunst dargestellt sah, nenne ich das
bewunderungswürdige
östreichische Trauerspiel
›
Liebelei‹ von
Arthur Schnitzler,
unter
demjenigen
und |unter
den↓allen↓ östr. Dichtern, dessen Talent am
eigentümlichsten und sichersten ist.« Ich weiß, dass dieser Ausspruch, den ich lieber genau als elegant zu
übersetzen bemüht war, Ihnen Freude machen wird; denn man mag von
Brandes denken, wie man will – ich gehöre nur
sehr bedingt zu seinen Bewunderern, – er ist ein
geistvoller Mensch mit sehr sicherem Instinkt für das, was durchdringen wird, u. er
hat eine so umfassende Kenntnis der modernen Erscheinungen, dass von ihm be
|merkt und »bewundert« zu werden etwas Auszeichnendes hat.
Nach diesem kann es Ihnen wol höchstens als anmaßend scheinen, wenn ich Ihnen meine
Eindrücke von Ihrem
Stück, das
ich – durch ein Trauerjahr und eine vielmonatliche
Krankenpflege auch noch diesen Winter verhindert – erst im Mai
↓od Juni↓ vor unserer Abreise sah, eingehend schildere.
Ich will nicht behaupten, dass es im Ganzen über Ihren
Anatol Scenen steht; damit bewundere ich aber nur
Anatol. Gewiss sind Sie mit dieser Arbeit in
|die erste Linie deutscher Bühnenschriftsteller gerückt –
obwol Ihr Talent darin noch novellistisch
arbeitet
gestaltet, bei allem Gefühl für das Theatralische in besserem Sinn. Ich habe mir Ihre
Erzälungen
hieher mitgenommen und hoffe
sie
hier in ein paar ruhigen
Stunden zu lesen.