|17. 2. 1921.
Sehr verehrter Herr Grossmann.
Vielen Dank für Ihr freundliches Interesse. Sie haben indess wohl meine Karte
erhalten, in der ich Ihnen sagte, wie sehr mich Ihr parodistischer
Dialog amüsiert hat. Ich habe vorläufig
keine Absicht mich über den »
Reigen« und die
sogenannnte
Reigen-Affaire in der
Oeffentlichkeit weiter zu äussern. Was ich
|Herrn
Maximilian Harden erwidert habe, ersehen Sie aus
beiliegendem Zeitungsblatt. Die Berichtigung war übrigens in einigen
Berliner Blättern abgedruckt. Von den hiesigen Skandalen,
insbesondere von dem gestrigen, werden Sie wohl indess gelesen haben. Was soll man dazu sagen? Ich käme mir
unsäglich komisch vor, wollte ich mit den Herren
Kuntschak oder
Seipel oder mit dem
Schusterlehrling polemisieren, der das Theater stürmt, mit dem begeisterten Ruf:
Nieder mit dem Reigen! Man schändet unsere Frauen! Nieder mit den Sozialdemokraten!
(Es kann übrigens auch ein Stud. med. gewesen sein oder ein Tapezierergehilfe, –
wobei meine Sympathie immerhin noch mehr bei dem Tapezierergehilfen ist als bei den
Herren
Seipel und
Kuntschak.
) Ich habe ja schon einige
ähnliche Sachen erlebt, wenn auch in bescheideneren Dimensionen. Erinnern Sie sich
nur an den »
Leutnant Gustl« und den »
Professor Bernhardi«. Nach einigen Jahren bleibt
von all dem Lärm nichts weiter übrig als die Bücher, die ich geschrieben und eine
dunkle Erinnerung an die Blamage meiner Gegner. In diesem Fall wird es nicht anders
sein.