Arthur Schnitzler an Peter Altenberg, 22. 4. 1913

|22. 4. 1913.

Lieber Peter Altenberg.

Gestern habe ich also Ihren Bruder gesprochen und ihm erklärt, dass Sie meiner Ueberzeugung nach die Anstalt gerade so gut noch in dieser Woche als später verlassen könnten, da ja die Möglichkeit, dass Sie sich in vollkommener Freiheit dem Alkohol wieder allzu sehr ergeben, in drei oder vier Wochen keine wesentlich geringere sein dürfte als heute oder morgen. Er scheint nun auch durchaus geneigt Sie schon in wenigen Tagen aus dem Sanatorium zu nehmen, möchte aber gern, was auch ich sehr vernünftig finde, dass Sie wenigstens die erste Zeit auf dem Semmering noch nicht in einem Hotel, sondern eventuell im Kurhaus bei Dr. Hansy zubrächten. Sollte das aber nicht durchführbar sein, so wäre er wohl auch mit dem Vorschlag einverstanden, den Sie mir selbst gemacht haben: für die ersten Tage den Ihnen sympathischen Wärter auf den Semmering mitzunehmen |so dass doch ein gewisser Uebergang, der auch Ihren jetzigen Aerzten wünschenswert erscheinen dürfte, von der Anstaltsbehandlung zum Leben in vollkommener Freiheit geschaffen würde. Ihr Bruder ist es nun einmal, der die volle Verantwortung für Sie übernehmen muss. In seinem Interesse liegt es gewiss nicht, dass Sie noch länger in der Anstalt verbleiben; wenn nun gewisse eher formelle Forderungen noch erfüllt werden müssen, so verlieren Sie doch darüber nicht die Geduld; es handelt sich ganz bestimmt nur mehr um wenige Tage. Brauchen Sie noch weiterhin meine Intervention eventuell bei Herrn Primarius Richter, so stehe ich Ihnen ganz zur Verfügung.
Mit herzlichem Gruss
Ihr
Herrn Peter Altenberg, Wien.
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