Peter Altenberg und Georg Engländer an Arthur Schnitzler, [Mitte April] 1913

|Lieber lieber Herr Dr Arthur Schnitzler,

ein Verlorener, Zusammengestürzter, unmittelbar nach einem paradiesischen Semmering-Jahr 1912, ein tiefst Verzweifelter, wendet sich an Sie als Menschenfreundlichen und Dichter vor allem, dann als Kollegen und langjährigen litterarischen Genossen – – – Hilfe, Rettung, Erbarmen, in einer so schauerlichen Situation, die noch nie, noch nie, noch nie, ein Dichter, ein Künstler-Mensch erlitten hat! |Der süßen unentbehrlichen Freiheit beraubt, verbringe ich meine Tage u. Nächte in unermesslichen Qualen, eingefangen, kontrollirt wie ein ses gefährliches giftiges Reptil!
Hilfe, Errettung, Weg ins Freie!!!
Auch geht es mir ökonomisch schlecht, und bitte ich Sie und Hofmannsthal um die mir |zugesagten 20 Kr. monatlich seit November 1912, da ich gerade damals zusammenbrach und nicht mehr denken konnte!
Hilfe, um Gotteswillen, ehe ich ganz zerstört bin!
Ich möchte auf dem Semmering ruhig vegetiren, in Freiheit und Frieden! Hilfe von Bruder-Seelen! Dichter, Künstler, Menschen, helft mir!!!
 Peter Altenberg
Lesen Sie mein letztes Buch:
und denken Sie, wie dem Autor zumute ist, der nun wie ein wildes Tier eingesperrt schmachtet, seit 5 Monaten!!!
Ihr
 PA
|[handschriftlich Georg Engländer:] Zur Aufklärung. (Diskret!)

Sehr geehrter Herr.

Am 10 Dec. v. J. mußte ich meinen Bruder in einem erbarmungswürdigen Nerven-Zustand auf den Steinhof überführen.
Nun ersseit 3 |Wochen kommt er allmählich zum Bewusstsein & ist empört über den Zwang den Ärzte & Pfleger auf ihn ausüben & will durchaus entfliehen. Ärztliche |Freunde finden aber auch jetzt noch seinen Kopf & Nervenzustand so labil dassie auch nur einige Tage Freiheit schon für seine Gesundheit als katastrophal befürchten.
Hochachtend
 G. Engländer
P.S. Seine Corresp. wird mir von der Anstalt offen zugesandt!!
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