|Lieber und verehrter
Herr Schnitzler!
Ich kann leider nicht mit eigener Hand Ihren liebenswürdigen Brief beantworten.
Seit Ende April bin ich krank, habe eine heftige Aderentzündung,
die mich zwingt ganz still zu liegen, und habe im Juni eine schwere
Lungenentzündung durchgemacht, die mich dem Tode nah brachte. Jetzt ist die
Lunge einigermassen heil, doch in der eigentlichen Krankheit ist noch keine
Konvalescenz eingetreten. Ich werde voraussichtlich noch mehr als einen Monat im
Bette bleiben müssen. Mein ganzer Sommer ist dahin. Ich habe grosse Schmerzen
ausgestanden und bin noch sehr leidend.
Es freut mich sehr, dass Sie etwas in
|meinem
Buch über
Shakespeare gefunden haben. Ich lese in dieser Zeit die Korrekturbogen
der zweiten deutschen Ausgabe und bin über die fürchterliche Sprache ganz
erschreckt. Es wimmelt von den plumpsten Misverständnischen meines
dänischen Textes; ich schreibe um und
verbessere ins unendliche.
Ich bitte Sie Ihre Freunde sehr herzlich von mir zu grüssen. Hr
Goldmann verstummte mir gegenüber plötzlich. Sie sind mir
aber alle drei gleich lieb.
Ihr ganz ergebener
[handschriftlich Georg Brandes:] Georg Brandes