Peter Altenberg an Arthur Schnitzler, [30.? 10. 1896]

|Lieber Dr. Arthur Schnitzler:

Sie können sich gar nicht vorstellen, wie tief mich ihre wunderbare Aufmerksamkeit ergriffen hat.
Sie haben einem Bankrottirer des Lebens zu seinen sparsamen Augenblicken des Glückes einen heiligen Augenblick hinzugefügt.
Mögen Sie, edler Sieger im Leben, nicht sich wundern, wenn Einer, der durch körperliche, seelische und ökonomische Leiden besiegt und zerdrückt ist, manchesmal mit Verwunderung auf Jene blickt, |welchen das Schicksal freundlicher lächelt. Mögen Sie mir es verzeihen, der ich die »ewige Bewegung«, das »innere Stürmen« für das Schönste halte, wenn ich mit Verwunderung auf ihren innigeren Freundeskreis blicke, in welchem uralte Greise wie Leo Ebermann und Gustav Schwarzkopf Stammsitze haben.
Merkwürdig, Sie waren der Erste, der mir über meine Manuskripte erlösende Worte sagte. Nun bringen Sie mir ein wundervolles Urtheil |von G. Hauptmann.
Sie haben sich immer fein und zart gegen mich benommen.
Möge in kommender Zeit ein freundschaftlicheres Zusammenleben mir Gelegenheit geben, meine keimenden Neigungen auswachssen zu lassen. Das wünsche ich mir!
Schreiben Sie mir aus Berlin. Sie erleben dort gewissehr viel. Ich selbst lebe in Sehnsucht nach meiner schwarzen Freundin Nahbadûh, diesem »letzten Wahnsinne meiner Seele«!
Ihr
Peter Altenberg
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