Arthur Schnitzler an Hugo von Hofmannsthal, 29. 6. 1896

|Wien 29. Juni 96
Mein lieber Hugo, ich lege Ihnen einen Zettel bei, da steht drauf, wo ich für Briefe zu erreichen bin, u. bis wann. In Wien bin ich noch bis zum Freitag (spätestens) (3. Juli). –
Ich wollte eben niederschreiben, dass ich mich »freue« u. habe gezögert, weil die Freude nicht ganz rein ist. Es ist, durch heftigeres Erklin|gen früherer Lebensbeziehungen, in der letzten Zeit wieder manche Unruhe in mich gekommen, die in manchen Stunden, besonders Abendstunden allein auf dem Land, schmerzlich bewegt. Nun weiss ich nicht, ob sich das da oben gänzlich beruhigen wird oder ob nicht vielleicht noch dunklere Traurigkeit kommen mag. Ich leide gewiss an |einer gewissen (sentimentalen!) Ueberempfindlichkeit für gewisse Begriffe, wie Ferne, Einsamkeit, und Vergangen. Das hängt wohl mit meinen mangelnden Fähigkeiten abzuschließen zusammen. Abzuschließen, in jedem Sinn. Fehler meines Lebens und meiner Kunssind daraus zu erklären.
– Das Stück reist natürlich mit; |ist Ihnen noch was dazu eingefallen?
– Ist das eine Ihrer Soldatengeschichten, die Sie schreiben? –
Sie hören sehr bald von mir u. lassen mich wohl auch nicht lang ohne Nachricht. Empfehlen Sie mich Ihren Eltern. Seien Sie herzlich gegrüßt.
Ihr
Arthur
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