Über das
Stück hab ich öfter
nachgedacht, bin aber nicht über gewi
sse allgemeine Gedanken hinausgekommen. Ich
fahre morgen nach
Salzburg und bin dort 2, 3 Tage
mit
Richard zu
sa
mmen. Dann geht er nach
Dänemark, ich nach
Aussee. Vielleicht finden wir zu
sammen etwas
Ge
scheites.
|Der 2
te Act mu
ss alles wirklich
Dramati
sche enthalten, alle Wucht, alles Pathos, alle Grau
samkeit und alle
s innere Ver
söhnung, dann
sind der er
ste und dritte
Act, die den Vorgang nur von außen zeigen und an denen
sich ohne Verderbnis nicht
viel verinnerlichen lä
sst, gerechtfertigt und gerettet, wie
japanische Laternen wenn man hinter ihren Bildern ein Licht
anzündet. Es liegt
|nun im We
sen
ihrer Compo
sition, da
ss Ihnen gerade Wucht und das Schick
salmäßige, Unabwendbare
schwer wird: (be
sonders wenn nicht eine weibliche Figur das ganze trägt.) Deswegen
mu
ss aber gerade hier die Frauenrolle ausgenützt werden (jetzt läuft
sie nutzlos, ja
störend dazwi
schen): der gehaltene Ton, den der Held allen Männern gegenüber hat,
kann dem Mädchen gegenüber
so völlig wegfallen wie etwa in einem Monolog: es liegt
sogar eine natürliche tiefe Coquetterie darin,
|vor der geliebten Frau die Schwere
und grau
same Sonderbarkeit einer Situation einzu
sehen und einzuge
stehen. (Das
entgegenge
setzte, viel dürftigere Motiv war das Verheimlichen in der »
Liebelei«)
An
sich, von außen ge
sehen (
so wie der
erste und
dritte Act es bringt)
sind ja alle Tragödien des Lebens nur unangenehme
Begebenheiten, die mit einem Unglücksfall enden. Die Tragik muß man (und
darf man!!) in die Auffa
ssung legen, welche die
Hauptper
son von der durch
sie ange
stifteten
|innerlich unrettbaren
Person↓Situation↓ plötzlich zu haben anfängt, dagegen ankämpft, und
schließlich darein
ver
sinkt wie ein Ertrinkender. Nun haben Sie einmal (beim Erfinden des
Stoffes) die durch das
verweigerte Duell für eine be
stimmte Art Men
schen
sich ergebende Situation als
tragi
sch, d. h. als einen tiefen unlösbaren inneren Wider
spruch in
sich tragend
erkannt:
|suchen Sie die
se
Stimmung wiederherzu
stellen. Sie war wahr
scheinlich rhetori
sch. Individuali
sieren Sie
die
se Rhetorik und legen Sie
sie der Hauptper
son in den Mund, ver
stärken und
verdichten Sie
sie (reine Rhetorik i
st immer dünn) durch retardierende, men
schliche,
zu
ständliche Motive (wie Sie in der
Liebelei ein
fa
st-nichts von Vorgang aufge
schwemmt haben und ihm Dichte gegeben)
|und fürchten Sie
sich nicht vor
Ihrem eigenen Feuer. Es wird nie nackt brennen, da immer die bunten Schirme des
er
sten und letzten Actes davor
stehen werden. Die Schwäche und Zaghaftigkeit im Ton
des
2ten Actes (vergleichen Sie mit
Shakespeare!) i
st nur ent
standen, weil der Held und das Mädel
so furchtbar wenig
individuali
siert
sind: in einem papierdünnen Herd kann man dann freilich kein großes
Feuer anmachen.
|Ver
stärken
↓(d. h. determinieren)↓ Sie das Verhältnis zu dem Mädel,
so wird
es nicht nur
sich
selb
st tragen
sondern die ganzen tragi
schen Einge
ständni
sse und
Irrläufe des Helden werden darauf ruhen können, und ganz ohne Kün
stelei. Nur mü
ssen
Sie
sich hüten, das Verhältnis
übermäßig zu
individuali
sieren;
so fern von der
Anatol-manier
als möglich.
Womöglich so behandelt und gesehen, wie Sie gewöhnlich Nebenfiguren sehen: mit einer scheinbar geringeren Liebe, die aber zuträglicher ist und mehr Leben giebt.Nächstens etwas anderes.
Ihr Hugo.