Stefan Zweig an Arthur Schnitzler, 4. 2. 1911

|Wien4. Februar 1910
 

Sehr verehrter Herr Doktor,

ich danke Ihnen viel – vielmals für das »Weite Land«, das ich natürlich sofort mit aller Ungeduld der Erwartung gelesen habe. Und freue mich, dass ich da kein Urteil habe, sondern nur einen restlosen und innigen Glückwunsch. Es ist wie eine Zusammenfassung Ihres ganzen Werkes in einen Rahmen, ungemein reich (erst beim zweiten Lesen tut sich einem die hinter das anscheinend Zufällige versteckte Schönheit voll auf) und von einer süssen Reife, saftig und bunt – die schönste Frucht vielleicht aus |Ihrem Garten, wie wundervoll, dass Sie in einem Alter, wo andere sich schon zu wiederholen beginnen, erst alles Frühere in einer neuen Zusammenfassung übertreffen, wie tröstend für uns Jüngere, wie herrlich ermutigend! Nun haben Sie mir die Ungeduld genommen, es kennen zu lernen und schon habe ich eine neue: es bald auf der Bühne zu sein. Ich weiss es wird ein Triumph werden!
Morgen komme ich ins Volksheim und bin schon in freudiger Neugierde erregt, Ihre Frau Gemahlin singen zu hören. All meine guten Grüsse voraus. In Treue ergeben
Ihr  Stefan Zweig
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