Mein lieber Freund, daß Du Dir keiner Schuld bewußt bi
st, i
st zweifellos, – eben
so, daß Du mir
nie↓nie↓ mit Ab
sicht wehgethan ha
st. Dazu bi
st Du viel zu gut und mir viel zu gut.
Deine Schuld liegt dar Trotzdem ha
st Du eine Schuld, und
sie liegt darin (Dir unbewußt, mir
seit
Jahren bewußt und recht
schmerzlich bewußt), daß in un
serer Freund
schaft Du mir
läng
st nicht mehr das Gleiche wiedergib
st,
was↓das↓ ich Dir gebe, – daß Du
es Dir fe es Dir, von
Dir erfüllt,
seit Langem abgewöhnt ha
st,
r gründlich auch auf mich einzugehen. Ich lebe mit Dir viel mehr, als Du mit mir
leb
st. Und ich habe
seit Langem den Eindruck, daß ich (ich muß das Wort wieder
gebrauchen,
obw obwohl es
An↓Dir↓ mißfällt) nicht viel mehr bin, als eine Bequemlichkeit in Deinem Leben. Die
Bewei
se? So etwas kann man nur fühlen, aber nicht bewei
sen. Aber wenn Du Bewei
se
will
st,
so denke an un
seren Briefwech
sel, all’ die Jahre hindurch. Denke
|daran, wie viel von Dir darin
steht und wie wenig
von mir. Oh, es hat an Anfragen nach meinen Erlebni
ssen von Deiner Seite nicht
gefehlt. Aber Du ha
st Dich
stets leicht dabei beruhigt, wenn ich mich, wie es zumei
st
ge
schah, nicht habe ent
schließen können,
sie zu beantworten. Nun weiß ich ja, daß in
keinem men
schlichen Verhältniß, in der Liebe eben
sowenig wie in der Freund
schaft,
Gleiches für Gleiches gegeben wird. Und ich verlange auch nicht mehr, da es in Deiner
Natur liegt,
so zu
sein, da ich Dich
sehr lieb habe und da es mir eben darum Freude
macht, an Deinem Leben theilzunehmen, wenn Du Dich auch an dem meinen
so wenig
betheilig
st. Aber da Du Dir in Deinem letzten Brief keinen Zwang auferlegt und der
Ver
stimmung, in die ein Brief von mir Dich ver
setzt, rückhaltslos Ausdruck gegeben
ha
st,
so
sehe ich nicht ein, warum ich nicht auch einmal Dir
sagen
soll, wie bitter
und
schmerzlich
h ich in den letzten Jahren oft
das empfunden
habe, daß
|ich bei Dir die Stärkung und Aufrichtung,
die ich von Deiner Freund
schaft erwartet hatte, nicht habe finden können und daß ich
vom Bei
sammen
sein mit Dir nur noch
ver
stimmter und gedrückter heimgekehrt bin. Und das muß um
so mehr ge
sagt werden, als
es in der letzten Zeit mehrfach dahin gekommen i
st, daß Du, weil Du eben nicht
gründlich genug auf mich eingeh
st, mich
×× nicht ver
standen und mich darum verletzt ha
st. Du ha
st, wenn ich mich darüber
erregt habe, darin nichts ge
sehen, als eine kolo
ssale Empfindlichkeit. Ich will Dir
nur
sagen, daß die Gründe die
ser kolo
ssalen Empfindlichkeit tiefer liegen und daß
un
sere Differenzen nicht blos daher gekommen
sind, weil Du ein
Feuilleton von mir ungün
stig beurtheilt
hast und
weil oder weil Du mir eine »Nachricht« gegeben ha
st.