Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 14. 1. [1902]

Berlin, 14. Januar.

Mein lieber Freund,

In Eile – denn ich habe unbeschreiblich viel zu thun – Dank für Deine lieben Briefe! Es freut mich, daß es Olga gut geht und daß Ihr demnächst aufs Land ziehen wollt. Wird Euch Beiden wohlthun. Mit Liesl ist es ein Kreuz. Wäre sie nur schon fertig! Setzt ihr doch einmal ordentlich den Kopf zurecht!
Daß Brahm nach Wien kommt, um Deine Stücke aufzuführen, |will ich nur melden, wenn Du meinst, es könnte für Dich irgendwie von Nutzen sein. Eine »Nachricht« will ich von Dir nicht haben; Du hast mich mißverstanden. Wenn ich also bis Donnerstag von Dir nichts höre, werde ich annehmen, daß es Dir angemessen erscheint, wenn ich die Meldung nach Wien sende, und werde sie abtelegraphiren.
Ich habe bereits angefangen, das Feuilleton über Deine Stücke zu schreiben, bin aber nicht über die ersten Zeilen herausgekommen. Unablässig wird mir die Feder |aus der Hand gerissen. Die Arbeit selbst ist die schwerste, die ich je gemacht. Ich muß mich zwingen (und das ist ein harter Zwang), mit eisiger Kälte zu erwägen, und mich auszudrücken und muß mir einreden, daß ich über die Stücke eines mir unbekannten Herrn Arthur Schnitzler schreibe. Wenn die Parlamentssession so weiter geht, – dann weiß Gott, wann ich fertig werde.
Grüße mir Olga und sei selbst von Herzen gegrüßt!
Dein
Paul Goldmnn
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