Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 22. 1. [1901]

Berlin, 22. Januar.

Mein lieber Freund,

Mizzi Glümer ist krank, liegt zu Bett und sieht so elend aus, daß ich erschrocken bin (Unter uns!). Du solltest dem armen Mädel einen guten Brief schreiben.
Brahm sagte mir bei einer der letzten Premièren, er möchte von Dir einen oder zwei Einakter haben. Wer ist Stefan Vacano? Ich kann mir die Aufführung seines Stückes nur durch Beziehungen zwischen Brahm und ihm erklären, die nicht blos diejenigen des Theaterdirektors zum Autor sind. Der |Dichter des »Tag« sieht auch danach aus. Brahm gleichfalls.
Von Olga G. erhielt ich einen beinahe schwermüthigen Brief. Angenehmes Liebesglück! Warum quälst Du das Mädel so?
Es wäre schön, wenn Du in den Ansichts- und Postkarten-Verkehr, den Du mit mir unterhältst, auch einmal durch Absendung eines Briefes eine erfrischende Abwechselung brächtest. Ich wüßte beispielsweise gern, was Richard macht. Selbstverständlich schreibt er mir nicht. Er wird mir niemals so lange nicht schreiben können, als |ich im Stande sein werde, mich darüber zu empören. In meiner Kritik über »Michael Kramer« soll er, wie ich höre, – Schadenfreude gefunden haben. Es ist interessant, daß dieser feinste Menschenkenner gerade mich weniger kennt, als irgend Jemand, und daß gerade dieser bewundernswürdig gescheite Mensch so dumm über mich urtheilt. Ich werde für ihn einen Commentar über mich schreiben. Bitte sag’ ihm das, – und daß ich ihn sehr vermisse und daß ich viel darum gäbe, könnte ich ihn immer in meiner Nähe haben.
|Ich bin vollständig ohne Verkehr, – vollständig einsam. Kerr benimmt sich blödsinnig. Seit Du aus Berlin fort bist, habe ich ihn nicht mehr gesprochen. Wenn er mich im Theater sieht, drückt er mir rasch die Hand und läuft weg. . . . . . 
Schreib’ mir bald!
Viele treue Grüße!
Dein
 Paul Goldmann.
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