Un
sere Briefe haben
sich wieder einmal gekreuzt. Es i
st
schön, daß Du in den
Bergen bi
st, in guter Luft und
in Ruhe. Wie der
Ort am Fuße des
Schneebergs heißt, habe ich nicht enziffern können. Über
Schlenther ärgere Dich nicht. Aufführen muß er
Dich ja doch, ob er will oder nicht.
Üb Im Übrigen i
st er ein erbärmlicher Kerl und wird
nicht mehr lange das
Burgtheater dirigiren. Daß
Brahm Dich bisher
nicht aufgeführt hat, i
st begreiflich. Er i
st ein Ge
schäftsmann und will zuer
st
seine
neuen Stücke bringen, die be
ssere
|Einnahmen
ver
sprechen, als die
schon bekannten.
Ich habe jetzt wieder eine Zeit relativer Ruhe, könnte für mich arbeiten, zermartere
mir den Kopf und bringe nicht einen Gedanken heraus.
Das verstimmt mich tief. Ich bin eben offenbar doch nur ein Journalist, und habe kein Recht zu höheren Prätentionen.
Der
Leiter der
Breslauer
Freien
Literarischen Vereinigung,
Dr. Erich Freund, der, wie Du weißt, ein Jugendfreund von mir i
st, weilt gegenwärtig in
Berlin und hat mich gebeten, Dich
|zu fragen, ob Du nicht in die
sem Winter einmal
in
Breslau le
sen möchte
st? Die
Leute haben ein
sehr vornehmes
Vortrags-Programm, zahlen von 150
MK aufwärts und wären
sehr glücklich, Dich einmal zu haben.
Sommerpläne? Wie ich Dir
schon ge
schrieben habe: Ich wüßte mir natürlich nichts
Be
sseres, als mit Dir und
Richard zu
sammen zu
sein, aber ich werde kein Geld haben. Meine Haushalt-Ausgaben
laufen fort, ob ich hier bin oder nicht, meine
Mutter muß aufs Land, endlich muß ich, wenn ich
hier |weggehe, mir einen Vertreter zahlen. Es i
st
sehr
lieb von Dir, daß Du mir etwas borgen will
st. Aber ich
sehe keine Möglichkeit, wie
ich Dir das wiedergeben
soll, und überdies
schulde ich Dir noch 100
Kronen von
Kopenhagen her. Wenn al
so bis zum Augu
st nicht ein Wunder
ge
schieht, werde ich in
Berlin bleiben
mü
ssen.
Schreib’ mir bald und sei von Herzen gegrüßt!
Dein treuer
Paul Goldmann.