Wieder habe ich den Sonntag abwarten müssen, um eine
freie Stunde für einen Brief an Dich zu finden.
Ich danke Dir von Herzen für Deine letzten lieben Briefe,
sowie für die Über
sendung
des »
Grünen Kakadu« (das Exemplar i
st vornehm und ge
schmackvoll ausge
staltet)
und für die liebe Widmung, die das Titelblatt ziert.
Deine letzten Briefe
sind, Gott
sei Dank, doch
schon etwas ruhiger,
so
sehr es auch
noch in Dir wühlt. Ich habe nur den dringenden Wun
sch, Dich endlich auch einmal zu
sehen und zu
sprechen. Sommerpläne freilich kann ich in die
sem Jahre gar nicht machen. Am 15. Juli
soll ich für die
Zeitung nach
Bayreuth, dann nach
Paris, um über die Vorarbeiten zur Weltaus
stellung zu berichten. Ich fürchte, mein ganzer Urlaub geht zum Teufel.
Immerhin mußt Du mich
stets auf dem Laufenden halten, wo Du bi
st; vielleicht kann ich
doch noch einmal ra
sch irgendwohin kommen, wo Du
××××↓Dich aufhältst.↓ Und wenn Du im September nach
Frankfurt komm
st, bin ich
jedenfalls da.
Affaire
Thorel. Ich habe keine Ahnung mehr
von den getroffenen Abmachungen. Jedenfalls ha
st Du zum Minde
sten An
spruch auf die
Hälfte des Honorars,
|da Du
ihm ja
sein ganzes Honorar,
das
es aus den
Tantièmen der
Aufführungen
be
stritten werden
sollte, als Vor
schuß gezahlt ha
st. Auch den »
Kakadu«
sollte
st Du ihm zu
über
setzen geben. Er i
st als Über
setzer
so
schlecht, wie alle Andern, hat
aber doch wenig
stens Verbindungen. . . . .
Ich erlebe nichts, was mich glücklich
und unglücklich zugleich
macht, sondern: Es würde ein großes Glück sein, aber ich kann es nicht erleben.
Siehst Du: Verlieren, durch das Schicksal verlieren, wie es Dein Loos war, ist
furchtbar. Aber nicht ×××× besitzen können, durch eigene Schuld nicht
besitzen können, ist entsetzlich, und zudem wird man sich selbst verächtlich und zum
Ekel. Das läßt sich Alles nicht ×××××↓schreiben↓; ich sehne mich danach, es Dir zu erzählen. . . .
Bitte,
schreib’ mir bald wieder, wie es Dir geht. Theile mir auch freundlich
st die
Adre
sse des Herrn
von Hoffmannsthal mit, dem ich mein
Buch schicken möchte. Was macht
Richard? Ich höre natürlich kein Wort von ihm.
Was
sagt Ihr zur »
Fackel«? Der
Bursch hat Talent. Schade nur, daß er ein
solcher Lausbub i
st. Denn das Ausmi
stungs-Werk, das er unternimmt, i
st verdienlich. Er
sagt treffliche Worte gegen
Bauer,
Herzl,
Bahr, namentlich gegen die »
Neue Freie Presse«,
und es i
st das Traurige an den jetzigen
Wiener |Wiener Verhältni
ssen, daß, wenn endlich einmal
Jemand kommt, der gegen die Corruption kämpft, er eben
so corrupt i
st, wie die
Corruption
selb
st.
Grüß’ mir
Schwarzkopf, mit dem Du ja jetzt häufiger zu
sammen bi
st.
Ich grüße Dich von Herzen
Dein treuer
Paul Goldmann.