Tientsin, 25. September
1898
Mein lieber Freund,
Ich bin jetzt
sehr außerhalb der Po
st-Verbindungen u. habe daher er
st die
ser Tage
Deinen lieben Brief aus
Salzburg vom 28. Juli erhalten. Inzwi
schen bi
st Du ja
läng
st glücklich heimgekehrt; und wenn Du meinen Brief erhält
st, i
st wohl auch
schon
die
Première Deines neuen
Stückes vorüber und Du bi
st um einen
neuen Erfolg reicher.
|Es i
st heut wieder
ein Tag, wo ich un
sägliches Heimweh habe. Manchmal erwache ich wie aus einen Traume
und frage
, mich, was ich denn eigentlich hier in
die
sem
Lande mache? Noch dazu
bin ich
seit einigen Wochen recht elend. Die
Dysenterie i
st mir in den
Leib gefahren
,↓ und↓ geht natürlich nicht wieder weg. Das i
st eine
schlimme Ge
schichte. Allein im
fremden
Lande und auch noch
krank dazu und die Heimath
so weit! . . . . .
|Ich danke Dir von Herzen für die Aufmerk
samkeit,
mit der Du meine
Arbeiten verfolg
st. Du nenn
st
sie »intere
ssant« und ahn
st
gewiß nicht, daß das ihre Verurtheilung i
st. Intere
ssant i
st die Rubrik »Vermi
schtes«
in den Zeitungen, die von einem wunderbaren Walfi
sch-Fang berichtet oder vom
tätowirten Indianer. Die unbe
schreibliche kün
stleri
sche An
strengung, die ich auf
meine Arbeiten verwende, das Be
streben, einfach, klar und doch maleri
sch
darzu
stellen,
|kommt al
so nicht zum Ausdruck. Wenn
selb
st Du es nicht
sieh
st,
so bewei
st das, daß meine Arbeiten verfehlt
sind, was ich
von Anfang an
××××××× geahnt habe. Es i
st
sehr bitter, lieb
ster Freund, intere
ssant zu
schreiben.
Mein Brief findet Dich hoffentlich in guter, froher Arbeit und in heller Stimmung.
Denke Dir nur, welch’ ein
Schemen alle alle Deine Leiden
sein mü
ssen,
|wenn eine einzige Rei
se von
Wien nach
Salzburg sie verbla
ssen macht. Quäle Dich nicht und mache Dir
einen frohen Winter!
Grüß’ mir den
Richard! Ich
h××× freue mich, daß er das dritte
Capitel des »
Götterliebling« beendet hat. Nur fürchte
ich, im vierten
Capitel wird
der Held wieder ein
schlafen
|und einige Jahrhundert
Weltge
schichte
tr träumen, und das wird
wieder↓noch↓ recht lang werden.
Man
sandte mir hierher einen
Artikel von
Rudolf Lothar über Dich in der »
Wage«. Wenn Du den
Autor sieh
st,
so grüße ihn von
mir und
sage ihm, meines Wi
ssens
sei noch nie über Dich ein ähnlicher Blöd
sinn
ge
schrieben worden. Auch erfahre ich daraus, daß
D Du
|durch
Rudolf Lothar zum Schreiben ermuntert worden bi
st. Jetzt weiß ich, warum Du ein Dichter
bi
st!
Grüß’ Dich Gott, liebster Freund!
Dein treuer
Paul Goldmann
Viele Grüße an Deine
Freundin!