Oben
sieh
st Du einen
Ausschnitt aus dem »
Figaro«. Die
Übersetzung von
Thorel i
st
× – unter uns ge
sagt – leider recht
schlecht, noch
schlechter, als ich geglaubt.
Er hat
sich gar keine Mühe gegeben,
die das natürliche und lebendige Deut
sch des
Dialoges in natürliches und lebendiges Franzö
si
sch
umzu
setzen. Ich trö
ste mich damit, daß es ein Anderer noch
schlechter gemacht hätte.
|Auch rechne ich auf die dem
Stücke innewohnende Poe
sie, die
sich beim
be
sten Willen nicht umbringen läßt. . . . .
Mit Deinem lieben Briefe habe ich mich
sehr gefreut. Ich begreife Deine Stimmung, und
da Du Dir gewiß über die Gründe klar bi
st, wird auch die
ses zweite
Stück für Deine Entwickelung nützlich
sein.
Das
Stück i
st Dir un
sympathi
sch, weil es nicht Deiner Natur und Deiner Schaffensart ent
spricht. Es i
st nicht
aus dem Leben herausgewach
sen,
sondern aus einer Idee, zu der hinterdrein die Figuren
ge
sucht wurden. Be
sonders
|sieht man das an dem
Helden. Den ha
st Du nie
ge
sehen. Du ha
st ihn Dir kün
stlich zu
sammenzimmern mü
ssen, damit er zu Deiner Idee
paßt. Darum bi
st Du
so un
sicher bei
seiner Ge
staltung gewe
sen, darum i
st er Dir
so
schwer gefallen, darum i
st er auch heut nicht recht gelungen. Und der Hauptfehler
war: Es war ein Tendenz
stück, und Du ha
st Dir das nicht einge
stehen wollen und ha
st
es nicht als Tendenz
stück
schreiben wollen. Es war ein Tendenz
stück, das
so aus
sehen
sollte, als
sei es natürlich
|und erlebt. Das i
st
unmöglich. Die
procédés
Deiner Kun
st, die Natürliches und Erlebtes ausdrücken will und kann, waren hier im
Zwie
spalt mit den Anforderungen des
Sujets. Gerade die
Unparteilichkeit halte ich für einen Fehler des
Stückes. Es mußte parteilich
sein. Es mußte ein
Stück werden gegen das Duell.
Für die
ses
Stück mußte
st Du
Deine bisherige Productions-Art bei
seite la
ssen und
↓Du↓
mußte
st es mit Haß und Leiden
schaft
schreiben,
g ganz
ohne Rück
sicht darauf, ob es unwahr
scheinlich und
|ungerecht wurde. Ich meine, Du
soll
st fürs Er
ste von allen Stoffen die
ser Art, von
allen »großen Zeitfragen«
etc. la
ssen. Ich möchte Dir jetzt
gerade einen
×××××××× Wanderzug in die Vergangenheit und in die reine Poe
sie empfehlen.
Das historische Wiener
Stück! Jetzt mußt Du es
schreiben, und ich bin überzeugt, es wird Dir
kö
stlich gelingen. Nimm’ Dir zwei oder drei Jahre Zeit und ruhe Dich ein wenig auf
den zwei
starken Erfolgen aus, durch welche Du mit einem
|Male in die allerer
ste Reihe unter den deut
schen
Bühnen-Dichtern gerückt bi
st. Ich möchte Dir einen
schönen Stoff vor
schlagen:
Mozart, ein
Wiener Volks
stück mit
Mozart’
scher Mu
sik. Ich hatte neulich Gelegenheit,
Otto Jahns Mozart-Biographie einzu
sehen. Natürlich hatte ich keine Zeit, die beiden
dicken
Bände ganz zu le
sen.
Aber aus dem, was ich gele
sen, habe ich den Eindruck gewonnen, daß es ganz einfach
eine der be
sten Biographien i
st, die es gibt. Lies’ das
Werk. Du wir
st
Mozart |lieb gewinnen, er wird Dir nahe treten als
Wiener
, als und als Kün
stler. Es i
st ein er
schütterndes
Ringen in die
sem Leben, das nach dem Dramatiker ruft. Es la
ssen
sich
schöne Dinge
sagen über Kun
st und Dummheit und Infamie der Kritik und des Publicums – Dinge, die
wir oft erlebt haben. Und am Schluß ein großartiges, ergreifendes Sterben, in welches
das Übernatürliche hineingreift durch die
so unendlich
selt
same Ge
schichte mit dem
Requiem. Alles, was Du vom Tode weißt,
|kann
st Du da
sagen, und das Publicum
dürfte an müßte im Unklaren darüber bleiben, ob der geheimnißvolle
Mann, der das
Requiem be
stellt, nicht wirklich aus dem Übernatürlichen herkommt. Und
d um das Alles herum das alte liebe
Wien und
sogar, bitte, der Kai
ser
Josef (der
sich allerdings in der Sache
sehr dumm benommen hat).
Die
ser Tage
sende ich Dir auch
ein das er
ste
franzö
si
sche
Buch, das ich
seit Langem mit Genuß gele
sen habe (die
ser Satz i
st
|grammatikali
sch
sehr fal
sch). Es
stammt natürlich aus dem Jahre 1820 und i
st ganz einfach der größte p
sychologi
sche Roman, den es gibt:
»
Adolphe« von
Benjamin Constant.
Freilich ein
Buch ohne Wärme,
aber wie aus Erz gego
ssen, – nicht ein Wort zu viel, nicht eines zu wenig – die
unerbittlich
ste
Analyse eines
schwachen Characters, die je ausgeführt worden. Und wenn man bedenkt, daß
m wir
hinterher |Paul Bourget bewundert haben, nachdem es einen »
Adolphe« gegeben hat!